Behindertenbeauftragter Dusel gegen Spahns Intensivpflege-Gesetz

Behindertenbeauftragter Dusel gegen Spahns Intensivpflege-Gesetz

Berlin (epd). Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, wirft Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, mit dem geplanten Gesetz zur Intensivpflege Menschen mit Behinderungen schlechter zu stellen als heute. Der Entwurf, der bis Ende dieser Woche innerhalb der Bundesregierung abgestimmt wird, verstoße gegen die UN-Behindertenrechtskonvention und damit gegen geltendes Recht, sagte Dusel dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Es geht bei dem Streit, der auch von Behindertenverbänden geführt wird, hauptsächlich um die künftige Behandlung von Patienten, die beatmet werden müssen. Dusel kritisierte, dass nicht mehr die Betroffenen selbst, sondern die Krankenkassen entscheiden sollen, wo der Patient behandelt wird - ob zu Hause, im Pflegeheim oder in einer speziellen Einrichtung für Intensivpflege. Dem Medizinischen Dienst soll dabei eine Schlüsselrolle zukommen. Dies widerspreche dem Recht, selbst zu entscheiden, wo man leben wolle, sagte Dusel.

Gesundheitsminister Spahn hatte einen ersten Entwurf des Gesetzes nach Protesten überarbeiten lassen. Es soll nun einen Bestandsschutz für alle Patienten geben, die heute schon beatmet werden. Niemand muss zum jetzigen Zeitpunkt also gegen seinen Willen in ein Pflegeheim umziehen. Dusel bezeichnete den Bestandsschutz aber als "ein Indiz für bevorstehende Verschlechterungen". Denn sonst bräuchte man ihn nicht, argumentierte der Behindertenbeauftragte.

Der Entwurf sieht vor, dass die Kosten für Beatmungspatienten in Pflegeheimen künftig vollständig von den Krankenkassen übernommen werden, auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wofür Pflegebedürftige normalerweise selbst aufkommen müssen. Damit setzt der Entwurf aus Sicht des Behindertenbeauftragten einen finanziellen Anreiz für eine Pflege im Heim.

Mit dem Gesetzentwurf reagiert Spahn auch auf eine Reihe von Fällen, in denen betrügerische Pflegedienste für Beatmungspatienten mehr abrechneten, als sie an Leistungen erbracht hatten. Die hohen Honorare für die ambulante Betreuung in Wohngemeinschaften oder zu Hause von bis zu 23.600 Euro im Monat lockten auch Betrüger an, die die Not der Betroffenen ausnutzten, hieß es dazu aus dem Ministerium. Um dies zu verhindern, sollen die Kontrollen verschärft werden und strengere Vorgaben für die Qualität der Pflege gemacht werden. Außerdem setzt der Entwurf Anreize für eine Entwöhnung von der Beatmung, wo diese möglich ist.