Kretschmann: Europa braucht eigene Datenstrategie

Kretschmann: Europa braucht eigene Datenstrategie

Stuttgart (epd). Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht Europa in Sachen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz im Hintertreffen. Die USA und China seien weit voraus, sagte Kretschmann am Freitag in Stuttgart. Wenn Europa keinen eigenen Weg entwickle, sei es mit der Freiheit irgendwann vorbei, warnte der Politiker: "Wer nicht mitkocht, der steht am Ende auf der Speisekarte."

Kretschmann warb dafür, einen eigenen europäischen Datenspeicher ("Cloud") zu schaffen. In der Medizin sieht der Politiker durch Künstliche Intelligenz neue Chancen für Diagnostik, Körperprothesen oder Roboter, die operieren. Die Unikliniken im Südwesten vernetzten bereits Patientendaten, um etwa die Behandlung von Krebskranken zu verbessern.

Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, berichtete von rasanten Entwicklungen in der Medizin Chinas. So würden dort für Patienten inzwischen telefonzellenähnliche Boxen aufgebaut. Innen sitzt statt einem Arzt ein Computer, der die Diagnose stellt. Angeschlossen ist ein Automat, der die gängigsten Medikamente sofort ausgeben kann.

Ein Mediziner könne sich heute in Fachfragen nicht mehr auf dem neuesten Stand halten, weil sich das Wissen der Forschung alle 73 Tage verdoppele, sagte Baas. Patienten wollten aber nicht aufgrund von veraltetem Wissen therapiert werden - Künstliche Intelligenz könne dieses Problem wahrscheinlich lösen. Der Krankenkassenchef warb für eine Digitalisierung, die den europäischen Datenschutz zum Wettbewerbsvorteil mache.

Veranstaltet wurde die Konferenz von der Evangelischen Akademie Bad Boll gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse. Akademie-Direktor Jörg Hübner sprach sich für eine Weiterentwicklung der Digitalisierung unter Beachtung der Menschenrechte aus. Man dürfe im Einsatz für die Menschenwürde nicht den Mut verlieren, empfahl Hübner.