Käßmann über Tod von Robert Enke: "Wir sind sensibler geworden"

Käßmann über Tod von Robert Enke: "Wir sind sensibler geworden"

Hannover (epd). Zehn Jahre nach dem Suizid des früheren Fußball-Nationaltorwartes Robert Enke ist es nach Eindruck der Theologin Margot Käßmann für Betroffene leichter geworden, über Depressionen als Krankheit zu reden. "Wir sind sensibler geworden für dieses Thema", sagte Käßmann der "Neuen Presse" Hannover (Mittwoch). Zugleich sei aber der gesellschaftliche Druck, erfolgreich zu sein, eher noch größer geworden.

"Das lässt die Gesellschaft noch mehr auseinanderdriften", kritisierte die frühere hannoversche Landesbischöfin. Auf der einen Seite stünden dabei die Glamourfiguren im Vordergrund, denen offenbar alles gelinge, auf der anderen Seite seien die Schwachen im Hintergrund. "Das ist schlimm und schlimmer geworden."

Robert Enke hatte sich am 10. November 2009, im Alter von 32 Jahren das Leben genommen. Er litt unter Depressionen und versteckte seine Krankheit vor der Öffentlichkeit, weil er fürchtete, stigmatisiert zu werden. Nach seinem Tod hatte Käßmann bei einer Andacht in der hannoverschen Marktkirche eine viel beachtete Predigt gehalten.

Tausende Menschen hatten in der Kirche und der ganzen Stadt Anteil genommen. "Mein Eindruck war, dass alle zutiefst irritiert waren, dass einer nicht weiterleben wollte, der doch scheinbar alles hatte: einen tollen Job, Erfolg, Geld, Beliebtheit, eine wunderbare Frau an seiner Seite", sagte Käßmann. Suizidgedanken schiebe man eher jemandem zu, der am Ende sei etwa durch Krankheiten, eine Insolvenz oder Drogen.

Sie rechne es Enkes Witwe hoch an, dass sie den Mut hatte, das Thema Depression so öffentlich zu machen, sagte die evangelische Theologin. Teresa Enke unterstützt unter anderem mit einer Stiftung psychisch erkrankte Sportler.