Neue Drogenbeauftragte will über Cannabis-Verbot sprechen

Neue Drogenbeauftragte will über Cannabis-Verbot sprechen
Kaum im Amt, weckt Ludwig bei den Gegnern der "Prohibitions-Politik" Hoffnung. Sie kritisieren seit langem, dass Drogen-Verbote die Sucht nicht einschränken, sondern höhere Risiken für die Konsumenten bedeuten.

Berlin (epd). Die neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), strebt ein breite Debatte über die Teilfreigabe von Cannabis an. Das Thema treibe viele Menschen um, sagte Ludwig am Dienstag bei der Präsentation des Drogen- und Suchtberichts 2019 in Berlin. Deswegen werde sie mit Befürwortern und Gegnern den offenen Dialog suchen. Dabei müsse der Gesundheitsschutz von Jugendlichen eine zentrale Rolle spielen. Zugleich bekräftigte Ludwig ihr "Nein" zur Freigabe von Kleinstmengen an harten Drogen wie Kokain oder Heroin. Eine solche Forderung sei "schlicht und ergreifend Blödsinn".

Cannabis ist weiterhin die am häufigsten konsumierte Droge in Deutschland. Bei jungen Erwachsenen (18-25 Jahre) und Erwachsenen weist der Bericht einen neuerlichen Anstieg aus. Zudem hat sich der THC-Gehalt, der die psychotrope Wirkung von Cannabis anzeigt, weltweit fast verdreifacht. So lag der Medianwert des THC-Gehalts des polizeilich sichergestellten Haschisch 1996 bei 4,9 Prozent, 2018 bereits bei 16,7 Prozent.

Haschisch und Marihuana, die aus Bestandteilen der Cannabis-Pflanze Hanf gewonnen werden, sind in Deutschland per Gesetz verboten. Seit März 2017 dürfen sie als Arzneimittel auf ärztliche Verschreibung kontrolliert ausgegeben werden, etwa um Schmerzen oder Nebenwirkungen von Medikamenten zu lindern.

So schnell wie möglich will Ludwig auch ein vollständiges Werbeverbot für Tabak und E-Zigaretten durchsetzen. Zwar sinkt dem neuen Drogen- und Suchtbericht zufolge die Raucherquote bei Erwachsenen weiter. Aktuell liegt sie bei 28 Prozent. Dennoch sterben pro Jahr geschätzt über 120.000 Menschen in Deutschland an den Folgen des Tabakkonsums. Dagegen rauchen vor allem mehr Jugendliche Wasserpfeife und E-Zigaretten. "Wir merken, dass die E-Zigarette bei jungen Menschen sehr gut ankommt", sagte Ludwig. Bislang sei aber noch nicht bekannt, wie schädlich E-Zigaretten auf lange Sicht seien.

Beim Thema Alkohol zählt Deutschland im internationalen Vergleich nach wie vor zu den Ländern mit dem höchsten Konsum: Rund 18 Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen hätten einen "riskanten Alkoholkonsum". 8,7 Prozent der Jugendlichen von zwölf bis 17 Jahren trinken mindestens einmal die Woche Alkohol - ein historisch niedriger Wert. 2004 griffen noch 21,2 Prozent mindestens einmal die Woche zur Flasche. Als "relativ konstant" weist der Bericht Jugendliche aus, die sich in den vergangenen vier Wochen einen Rausch antranken. Deren Quote beträgt aktuell 13,6 Prozent.

Bei Substitutionstherapien etwa von Heroinabhängigen sprach sich Ludwig für "deutlich mehr flächendeckende" Angebote in den Bundesländern aus. Patienten, die beispielsweise mit Methadon oder Diamorphin behandelt würden, seien schwerstkrank. Die Substitution sei ein wichtiger Baukasten auf dem Weg zur Bekämpfung harter Drogen.

Die drogenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Kirsten Kappert-Gonther, begrüßte das Gesprächsangebot. Wer süchtig ist brauche Hilfe und keine Strafverfolgung, erklärte sie und plädierte unter anderem aus Gründen des Jugendschutzes für eine kontrollierte Cannabis-Abgabe. Beim Werbeverbot für Tabak und E-Zigaretten verlangte sie mehr Tempo. Die Koalition nähere sich bislang "mit Trippelschritten" dem Verbot.

Die drogenpolitische Sprecherin der Links-Fraktion, Niema Movassat, unterstrich, Verbote und Einordnungen in legal oder illegal entbehrten jeder wissenschaftlichen Erkenntnis. Nach wie vor sei Werbung für Alkohol und Tabak erlaubt, während weniger schädliche Drogen wie Cannabis verboten seien. "Diese absurde Drogenpolitik muss endlich beendet werden", sagte sie.