Spahn will Gewalt gegen Ärzte und Pflegekräfte schärfer bestrafen

Spahn will Gewalt gegen Ärzte und Pflegekräfte schärfer bestrafen
Die zunehmenden Übergriffe gegen Ärztinnen, Ärzte und das Pflegepersonal in Notfallambulanzen sollen härter bestraft werden. Gesundheitsminister Spahn: Wir wollen das nicht länger hinnehmen.

Berlin (epd). Die Bundesregierung plant schärfere Strafen bei Gewalt gegen Ärzte, Pflegepersonal und Helfer in ärztlichen Notdiensten und Notfallambulanzen. Die Zahl der Übergriffe auf medizinisches Personal sei in kürzester Zeit um mehr als die Hälfte gestiegen, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch, Online: Dienstag). Die Änderungen werden im Rahmen eines Pakets gegen Hasskriminalität und Rechtsextremismus auf den Weg gebracht, das das Bundeskabinett an diesem Mittwoch beschließen will.

Nach Informationen der Funke-Zeitungen soll das medizinische Personal von ärztlichen Notdiensten und in Notfallambulanzen in Zukunft unter dem gleichen strafrechtlichen Schutz stehen wie er inzwischen auch für Rettungskräfte gilt - also für medizinisches Personal, das Notfälle außerhalb von Krankenhäusern und Praxen an der Unfallstelle oder am Unglücksort versorgt. Rettungskräfte seien besonderen Gefahren ausgesetzt. Das gelte auch für das medizinische Personal in Notfallambulanzen, hieß es dazu.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, begrüßte Spahns Vorhaben. Dieses könne ein starkes Signal dafür sein, Gewalt gegen Retter und Helfer gesellschaftlich zu ächten. "Härtere Strafen für Prügler und Pöbler in Gesundheitseinrichtungen können abschreckend wirken und sind deshalb gut und richtig", erklärte der Ärztepräsident in Berlin.

Vor zwei Jahren hatten Union und SPD den Schutz von Sicherheits- und Rettungskräften durch neue Straftatbestände verstärkt. Das "Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften" droht bei tätlichen Angriffen auf Polizisten, ermittelnde Staatsanwälte, Feldjäger und andere Sicherheitskräfte mit bis zu fünf Jahren Haft. Ebenso geschützt sind seitdem hauptamtliche und ehrenamtliche Kräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste.

Dem "Krankenhaus Barometer 2019" zufolge, einer jährlichen Befragung der Kliniken im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), registrieren fast drei Viertel der Krankenhäuser (73 Prozent) in ihren Notfallambulanzen körperliche und verbale Übergriffe auf die Mitarbeiter. In den vergangenen fünf Jahren sei die Zahl der Attacken gestiegen, sagen mehr als die Hälfte der Kliniken (58 Prozent).

Die Zahl der Übergriffe auf Ärzte und Pflegekräfte hat sich von 2013 bis 2017 um mehr als die Hälfte erhöht. Das wurde aus Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik für Baden-Württemberg auf das Bundesgebiet hochgerechnet. Danach wurden 2013 Ärzte und Ärztinnen 435 Mal Opfer von Gewalt, vier Jahre später 692 Mal. Die Angriffe auf das Pflegepersonal erhöhten sich im selben Zeitraum von 1.725 auf 2.436 Übergriffe.

Aus einer Studie der Hochschule Fulda geht hervor, dass Alkohol und Drogen aufseiten der Patienten und ihrer Begleitpersonen in hohem Maße mitverantwortlich sind für die Ausbrüche, in 85 Prozent der Fälle. Aber auch die Wartezeiten lösen Aggressionen aus. Das Erleben von Gewalt sei in den Notaufnahmen zur Normalität geworden, erklärte das Personal aus rund 50 hessischen Notaufnahmen, nachts fühle man sich meistens nicht mehr sicher.

In der Folge steigt auch beim medizinischen Personal der Druck. Ärger (80 Prozent) und Wut (58 Prozent) gehören inzwischen zum Berufsalltag für Ärzte und Pflegekräften in den Notfallambulanzen, fast 40 Prozent des Personals sprechen von einer starken Belastung durch die Übergriffe.

epd tz/bm jup