Sachsen-Anhalt demonstriert Solidarität mit jüdischen Gemeinden

Sachsen-Anhalt demonstriert Solidarität mit jüdischen Gemeinden
Mehr als 1.000 Menschen versammeln sich vor Synagoge in Halle
Überall in Sachsen-Anhalt haben Bürger am Freitag ihre Anteilnahme und ihre Solidarität mit jüdischen Gemeinden bekundet. Der mutmaßliche Täter von Halle, der zwei Menschen erschoss und ein Massaker in der Synagoge plante, legte ein Geständnis ab.

Halle/Dessau-Roßlau/Magdeburg (epd). Sachsen-Anhalt trauert um die Opfer des antisemitischen Anschlags in Halle an der Saale. Die Fahnen wehen landesweit auf halbmast, an den Tatorten vor der Synagoge der Stadt und vor einem Döner-Imbiss häuften sich Blumen, Blumengebinde und Kerzen. Auch der Marktplatz mitten in der Stadt wurde zum Blumen- und Kerzenmeer. Dort trafen sich auch am Freitag erneut hunderte Menschen zum stillen Gedenken. Die Sachsen-Anhalter zeigten ihre Verbundenheit mit den jüdischen Gemeinden im Land. Während der Sabbat-Feier stellten sich am Freitagabend in Halle symbolisch mehr als 1.000 Menschen schützend vor die Synagoge in der Humboldtstraße, wie ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) mitteilte.

Die leitenden Geistlichen des Landes, Landesbischof Friedrich Kramer von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Bischof Gerhard Feige vom katholischen Bistum Magdeburg und Kirchenpräsident Joachim Liebig von der Evangelischen Landeskirche Anhalts, hatten dazu aufgerufen, um ein Zeichen der Solidarität und engen Verbundenheit mit den jüdischen Geschwistern setzen. Sie erklärten: "Einen Angriff auf die jüdische Gemeinde sehen wir zugleich auch als einen Angriff auf unsere Kirchen."

An der als Menschenkette geplanten Gedenkveranstaltung nahmen auch Ministerpräsident Reiner Haseloff, Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU), EKM-Bischof Kramer und der anhaltische Kirchenpräsident Liebig teil. Zu Beginn habe ein Rabbiner ein Gebet gesprochen, Gemeindemitglieder hätten Süßigkeiten und Wein als Zeichen der Verbundenheit verteilt, sagte der EKM-Sprecher.

Die Kirchen sehen es nach eigenen Angaben als ihre Pflicht an, jeder Form von geistiger Brandstiftung im politischen, gesellschaftlichen und individuellen Umgang vehement zu begegnen. Es dürfe nicht nur in Deutschland - aber gerade auch in Deutschland - nie wieder vorkommen, "dass wir uns wegducken, dass wir wegschauen und weggehen, wenn Extremisten, gleich an welchem Rand, menschenverachtende Angriffe auf Synagogen sowie unsere Religions- und Glaubensfreiheit, genauso wie auf andere wesentliche Menschen- und Grundrechte verüben", erklärten sie.

Rund 100 Menschen versammelten sich auch zu einer Mahnwache vor dem Jüdischen Gemeindehaus in Dessau-Roßlau. Es wurde gebetet und gesungen. Dazu aufgerufen hatte der Christlich-Jüdische Gesprächskreis Dessau-Roßlau in Absprache mit der Jüdischen Gemeinde, wie ein Sprecher der Landeskirche Anhalts mitteilte. In Magdeburg hatte das Bündnis gegen Rechts zu einer Mahnwache vor dem Gemeindehaus der Synagogengemeinde in der Stadt aufgerufen. Nach Angaben eines Sprechers beteiligten sich daran rund 100 bis 150 Menschen, darunter Vertreter der Stadtrats- und Landtagsfraktionen.

Ministerpräsident Haseloff hatte am Mittwoch in Halle ausdrücklich betont, dass jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt erwünscht sei. Dabei verwies er auch darauf, dass in Dessau-Roßlau und Magdeburg neue Synagogen gebaut werden sollen.

In Halle waren am Mittwoch eine 40 Jahre alte Frau und ein 20 Jahre alter Mann erschossen worden. Der schwer bewaffnete Täter wollte in die Synagoge im Paulusviertel in Halle eindringen. Zu dem Zeitpunkt hatten sich in der Synagoge 51 Menschen zum höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur versammelt. Der Mann scheiterte an der geschlossenen Tür zum Gelände der Synagoge.

Gegen den mutmaßlichen Täter wurde Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und mehrfachen Mordversuches erlassen, er sitzt in Untersuchungshaft. Die Tat hat er gestanden und sein rechtsextremistisches und antisemitisches Motiv bestätigt.