Große Welle der Solidarität mit jüdischen Gemeinden

Mahnwache vor einer Düsseldorfer Synagoge, anlässlich des Attentats in Halle
© David Young/dpa
Mahnwache vor einer Düsseldorfer Synagoge, anlässlich des Attentats in Halle
Große Welle der Solidarität mit jüdischen Gemeinden
Bundesweit zahlreiche Mahnwachen und Demonstrationen
Gedenken an die Opfer des Anschlags in Halle: Bei zahlreichen Kundgebungen wird bundesweit Betroffenheit und Solidarität mit den jüdischen Gemeinden zum Ausdruck gebracht. Der Tatverdächtige hat ein Geständnis abgelegt.

Halle an der Saale/Berlin/München (epd). Die jüdischen Gemeinden in Deutschland erfahren nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle an der Saale eine große Welle der Solidarität. Mehr als 1.000 Menschen kamen in der Stadt in Sachsen-Anhalt am Freitagabend zu einer Menschenkette an dem jüdischen Gotteshaus zusammen. Auch in anderen Städten gab es Mahnwachen, Kundgebungen und Gedenkgottesdienste, darunter in Berlin, München, Dresden Aachen, Dortmund und Wuppertal. Der Bundesrat gedachte am Freitag in Berlin in einem Moment der Stille der beiden Toten und der Verletzten des Anschlags.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, nahm mit rund 2.000 weiteren Menschen am Freitagabend an einer Menschenkette rund um die Münchner Synagoge Ohel Jakob teil. Dabei rief der bayerische Landesbischof zum Einsatz gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus auf. Er sei "überwältigt von so vielen Menschen, die gekommen sind", sagte Bedford-Strohm: "Das gibt Hoffnung."

Es gehe um eine Verpflichtung, betonte Bedford-Strohm: "Wir werden in unserem Alltag für die Menschenwürde eintreten." Der Theologe sagte weiter, man werde "überall Kontra geben, wo ganze Menschengruppen wegen ihrer Herkunft, wegen ihrer Hautfarbe oder wegen ihrer Religionsgemeinschaften abgewertet werden". Und man werde diejenigen zur Rede stellen, die Rechtsradikalen Deckung geben.

Friedensgebet und Menschenkette

In Berlin rief der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, bei einem multireligiösen Friedensgebet zum Engagement gegen rechts auf. "Wir denken an unsere jüdischen Geschwister, die heute den Sabbat feiern und dabei geschützt werden müssen vor denen, die Hass säen und den Tod bringen", sagte Dröge: "Wir stehen an ihrer Seite, wohl wissend, welche Erschütterung der Anschlag von Halle für die jüdischen Gemeinden in unserem Land bedeutet und wie viel Besorgnis und Angst er unter unseren jüdischen Geschwistern ausgelöst hat."

Die Initiative zu der Menschenkette in Halle hatte der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, ergriffen. Daran nahmen auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff und Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) und der evangelische anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig teil. Am Tatort wurden Blumen niedergelegt und Kerzen entzündet. In Dresden kamen am Freitag rund 2.000 Menschen zur Synagoge. In mehreren Städten wie Berlin, Köln, Düsseldorf und Hannover hatten sich bereits am Donnerstagabend Hunderte Menschen zu Mahnwachen und Gebeten versammelt.

Vier Schusswaffen und Sprengsätze

Der nach dem Anschlag am Mittwoch festgenommene mutmaßliche Täter Stephan B. sitzt inzwischen in Untersuchungshaft und hat ein Geständnis abgelegt. Dabei habe er auch seine antisemitische und rechtsextremistische Motivation bestätigt, teilte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft am Freitag in Karlsruhe auf epd-Anfrage mit. Gegen den Mann war noch am Donnerstagabend Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und mehrfachen Mordversuches erlassen worden.

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft wollte der 27-Jährige in der Synagoge im Paulusviertel in Halle, in der sich am jüdischen Feiertag Jom Kippur 51 Gläubige aufhielten, möglichst viele Menschen jüdischen Glaubens töten. Da die Eingangstür verschlossen war, konnte er jedoch nicht in das Gotteshaus eindringen. Daraufhin erschoss er eine zufällig vorbeikommende Passantin und später einen Mann in einem Döner-Imbiss. Den Angaben zufolge hatte der Beschuldigte vier Schusswaffen und mehrere Sprengsätze bei sich.