Tunesien wählt am Sonntag einen neuen Präsidenten

Tunesien wählt am Sonntag einen neuen Präsidenten

Tunis (epd). In Tunesien wird am Sonntag ein neuer Präsident gewählt. In der Stichwahl treten der Medienunternehmer Nabil Karoui und der Jurist Kais Saïed gegeneinander an. Rund sieben Millionen Stimmberechtigte sind zu der Wahl aufgerufen. Tunesien ist das einzige Land, das seit dem "Arabischen Frühling" 2011 eine demokratische Entwicklung genommen hat. Die elf Millionen Einwohner leiden aber unter einer Wirtschaftskrise mit hoher Inflation und Arbeitslosigkeit.

Der Präsidentschaftskandidat Karoui (56) von der Partei "Qalb Tounes" (Herz Tunesien) wurde erst am Mittwochabend nach rund sechs Wochen aus der Untersuchungshaft entlassen. Gegen den Medienmogul wird wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche ermittelt. Seine Kandidatur bleibt jedoch gültig, solange er nicht rechtskräftig verurteilt wurde. In der ersten Wahlrunde am 15. September landete er mit 15,6 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz.

Vor wenigen Tagen war ein Dokument bekanntgeworden, wonach ein Lobbyist für eine Million US-Dollar für Karoui Treffen mit US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin organisieren sollte. Der Vorfall bestätigt in den Augen seiner Kritiker, dass Karoui im Wahlkampf nicht nach den Regeln spielte. Tunesien hat strenge Devisenbeschränkungen. Ausländische Wahlkampffinanzierung ist verboten.

Karouis Gegner in der Stichwahl, der pensionierte Jura-Dozent Saïed an, holte im ersten Wahlgang mit 18,4 Prozent die meisten Stimmen. Der nüchterne 61-Jährige, der keiner Partei angehört, ist ein bekannter Verfassungsexperte. Er setzt sich für ein dezentralisiertes Regierungsmodell ein und verfügt über einen gewissen Vertrauensvorschuss in der Bevölkerung. Wegen seiner konservativen Positionen - etwa zur Homosexualität - wird er aber auch kritisiert.

Weil Karoui vom Gefängnis aus keinen Wahlkampf führen konnte, setzte auch Saïed vor der Stichwahl seine Kampagne aus. Die ursprünglich für November geplante Präsidentenwahl wurde vorgezogen, nachdem Präsident Beji Caïd Essebsi am 25. Juli im Amt gestorben war.

epd sam et