Missbrauch: Entschädigungszahlung darf kein "Freikauf" sein

Missbrauch: Entschädigungszahlung darf kein "Freikauf" sein

Köln (epd). Der Jesuitenpater Klaus Mertes hält die diskutierte Entschädigung für Missbrauchsopfer der katholischen Kirche in sechsstelliger Höhe für problematisch. Es könne der "fatale Eindruck" entstehen, die Kirchenleitung kaufe sich "auf Kosten des Kirchenvolkes frei", sagte Mertes dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag). Für die Entschädigungen könnte eine Gesamtsumme von bis zu drei Milliarden Euro anfallen.

Mertes hatte 2010 den jahrzehntelangen Missbrauch von Schülern am Canisiuskolleg in Berlin offengelegt und so die Aufdeckung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche angestoßen. Er gehe davon aus, dass die Bischöfe einen Finanzierungsplan hätten, mit dem die Gläubigen nicht in "Mithaftung" genommen würden. "Oder geht das jetzt auf Kosten der pädagogischen Qualität in den kirchlichen Schulen und des Gemeindelebens?", fragte er. Die Gläubigen, die keine Schuld an Missbrauch und Leitungsversagen haben, würden sonst "zu sekundär Betroffenen des Missbrauchs", sagte der 65-Jährige.

Mertes mahnte, es dürfe auf keinen Fall der Eindruck entstehen: "Wir zahlen, dann haben wir unsere Ruhe." Vielen Betroffenen sei es "noch wichtiger, dass die Kirche sich ändert, als dass die zahlt". Das gelte auch für Betroffene, die Zahlungen forderten. Ihn störe zudem "Selbstlob, wenn Bischöfe sinngemäß sagen, die Kirche habe nun die großzügigste Regelung weit und breit zustande gebracht." Der 65-Jährige forderte, auch andere Stimmen zu hören: "Was werden die Heimkinder dazu sagen? Oder der Weiße Ring, der Opfer von Gewaltverbrechen vertritt?"

Die Deutsche Bischofskonferenz hatte vergangene Woche über eine Neuregelung der Entschädigung für Opfer sexuellen Missbrauchs diskutiert. Demnach kommen zwei Modelle in Frage: eine pauschale Entschädigungsleistung in Höhe von 300.000 Euro oder ein Stufen-Modell mit Beträgen zwischen 40.000 und 400.000 Euro, das den Einzelfall stärker berücksichtigt. Nach dem Vorschlag einer Arbeitsgruppe, an der auch Betroffene beteiligt waren, könnte dafür ein Fonds eingerichtet werden, der gegenüber der Kirche nicht weisungsgebunden sein soll.