Bahnhofmission feiert 125. Geburtstag: "Gelebte Menschlichkeit"

Bahnhofmission feiert 125. Geburtstag: "Gelebte Menschlichkeit"

Berlin (epd). Mit über 600 Gästen ist am Freitag am Berliner Ostbahnhof das 125-jährige Bestehen der Bahnhofmission gefeiert worden. Am damaligen Schlesischen Bahnhof war 1894 die erste Sozialstation gegründet worden, um arbeitssuchenden jungen Frauen Hilfe anzubieten und sie vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. Bahn-Chef Richard Lutz würdigte die Arbeit der Bahnhofmissionen als "gelebte Menschlichkeit".

Heute gebe es bundesweit 104 Bahnhofsmissionen mit über 400 hauptamtlichen und 2.000 ehrenamtlichen Mitarbeitern, sagte der Bundesvorsitzende der Konferenz für Kirchliche Bahnhofsmission, Klaus-Dieter Kottnik. Bereits seit 1910 werden die Sozialstationen von den beiden großen Kirchen als ökumenisches Projekt betrieben. "Willkommen sind bei uns alle und jeder - egal welcher Religion und Weltanschauung", sagte Kottnik.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) betonte: "Ihre blauen Westen sind bekannt im ganzen Land." Wer Hilfe brauche, könne sich zu jeder Zeit an die Bahnhofsmission wenden - "sie sind einfach da", zitierte sie das Jubiläumsmotto "Einfach da, seit 125 Jahren". Die Ministerin hob auch das Engagement der Freiwilligen für Familien und Kinder hervor, die mit dem Begleitdienst Kids on Tour jährlich über 8.000 Kinder in Zügen begleiten.

Der Berliner katholische Erzbischof Heiner Koch nannte die Bahnhofsmission "puren Geschmack des Christentums" mit einer großartigen und wichtigen Mission. "Sie erinnern uns daran, dass man Christen unmittelbar daran erkennen können muss, wie sie sind und was sie tun", sagte Koch. Ähnlich äußerte sich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, über die Bahnhofsmission. "Ihre Arbeit ist oft unspektakulär und im Verborgenen", sagte er. Aber sie strahle "das göttliche Licht" aus.

Ein am Freitag unterzeichneter neuer Rahmenvertrag zwischen der Bahn und den Bahnhofsmissionen sichert nach Worten von Bahn-Chef Lutz deren Arbeit langfristig ab. So wird die Bahn weiterhin mietfrei Räume zur Verfügung stellen. Laut dem Bundesvorsitzenden Kottnik ist die wichtigste Funktion der Bahnhofsmissionen mittlerweile die soziale Hilfe für Menschen, die den Anschluss an die Gesellschaft verloren haben. Mehr als die Hälfte der jährlich zwei Millionen Gäste seien sozial benachteiligt und fänden aus eigener Kraft keinen Zugang mehr zu den regulären Hilfesystemen. Dazu kämen jährlich mehr als 340.000 Reisehilfen.

Die Bahnhofsmission am Berliner Ostbahnhof, die einzige, die auch in der DDR betrieben wurde, zählt nach eigenen Angaben jährlich 54.000 Gäste. Eine neue Wanderausstellung der Deutschen Bahn Stiftung über "125 Jahre Bahnhofsmission" ist im Ostbahnhof bis 10. Oktober und anschließend unter anderem in Dresden und Frankfurt am Main zu sehen.