Unterhaltsvorschuss: Die meisten Väter können nichts zurückzahlen

Unterhaltsvorschuss: Die meisten Väter können nichts zurückzahlen
Wenn die Ex-Partner nicht für ihre Kinder zahlen, springt der Staat ein - in den meisten Fällen auf Dauer, wie Familienministerin Giffey hat ausrechnen lassen. Nur bei einer Minderheit kann der Staat Geld zurückfordern. Mit bisher geringem Erfolg.
05.09.2019
epd
Von Bettina Markmeyer (epd)

Berlin (epd). Wo die Väter nicht zahlen, zahlt Vater Staat: In den meisten Fällen können die Behörden den Unterhaltsvorschuss für Kinder von Alleinerziehenden nicht zurückfordern. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) präsentierte am Donnerstag in Berlin neue Berechnungen ihres Ministeriums, wonach 61 Prozent der unterhaltspflichtigen Elternteile finanziell gar nicht in der Lage sind, für ihre Kinder aufzukommen. In 90 Prozent aller Fälle sind das die Väter.

Im vergangenen Jahr erhielten 805.000 von rund 2,1 Millionen Kindern alleinerziehender Eltern den Unterhaltsvorschuss. Das bedeutet auch, dass es bei 1,3 Millionen Kindern keine Probleme mit den Zahlungen gibt - oder die Mütter keinen Unterhaltsvorschuss beantragen. Denn den staatlichen Vorschuss erhalten Kinder von Alleinerziehenden nur, wenn der andere Elternteil nicht zahlt. Aufgabe der Finanz- und Jugendämter ist es, zu überprüfen, ob sie den Vorschuss zurückfordern können. Andernfalls kommt der Staat dauerhaft für den Unterhalt auf.

Giffey sagte, der Rückgriff der Jugendämter auf die unterhaltspflichtigen Elternteile sei nur in 39 Prozent der Fälle möglich, also bei rund 300.000 der rund 805.000 Kinder, die den Vorschuss erhalten. Darauf müssten sich die Behörden konzentrieren. Dass der Staat den Unterhaltsvorschuss für alle Kinder zurückverlangen könne, sei eine "unrealistische Vorstellung", erklärte die Ministerin.

Nach Giffeys Angaben gaben Bund und Länder im vergangenen Jahr 2,1 Milliarden Euro für den Unterhaltsvorschuss aus. Davon konnten 13 Prozent zurückgeholt werden. In Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gelingt das am häufigsten, in Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern am seltensten. Giffey sagte, in den wirtschaftlich starken Regionen könnten mehr Eltern zahlen. Die Bundesländer tauschten sich aber auch darüber aus, welches Vorgehen am meisten Erfolg verspreche. Den Angaben des Ministeriums zufolge zahlte ein Drittel der finanziell leistungsfähigen Väter und Mütter den Vorschuss vollständig zurück, zwei Drittel teilweise oder möglicherweise später.

Giffey sagte, nach der Reform des Unterhaltsvorschuss vor zwei Jahren sei es zunächst darum gegangen, allen Kindern den Vorschuss auszuzahlen. Nun müsse der Fokus darauf liegen, bei den zahlungsfähigen Elternteilen die Rückforderungen durchzusetzen. "Da haben wir noch Luft nach oben", sagte Giffey. Bund und Länder hätten ein gemeinsames Interesse, die Rückzahlungen zu erhöhen. Der Bund übernimmt 40 Prozent, die Länder zahlen 60 Prozent der Gesamtausgaben für den Unterhaltsvorschuss.

Seit der Reform im Jahr 2017 hat sich die Zahl der Kinder, die Unterhaltsvorschuss bekommen, verdoppelt. Entsprechend erhöhten sich die Ausgaben von 2017 bis 2018 um rund eine Milliarde Euro. Ziel war es, den Alleinerziehenden zu helfen, unter denen die Armutsquote besonders hoch ist. Während bis Mitte 2017 der Vorschuss höchstens sechs Jahre lang und nur bis zum 12. Lebensjahr gezahlt wurde, gibt es ihn heute bis zum 18. Geburtstag. Die Kinder haben, je nach Alter, Anspruch auf 150 bis 272 Euro im Monat.