Warschau (epd). 80 Jahre nach dem nationalsozialistischen Überfall auf Polen haben deutsche und polnische Christen in Warschau einen ökumenischen Friedensgottesdienst gefeiert. Die stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus und der Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Jerzy Samiec, riefen am Samstag zu einem gemeinsamen Erinnern der Geschichte von Deutschen und Polen auf. Zugleich würdigten sie das Engagement für die Versöhnung beider Länder.
Erinnern könne eine Zumutung sein, die am Ende jedoch heilsam wirken könne, sagte die westfälische Präses, die Beauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für die deutsch-polnischen Beziehungen ist. Nach den Jahren der Gewalt und des Leidens sei sie "dankbar für die Schritte der Versöhnung, die wir aufeinander zu und gemeinsam mit unseren polnischen Nachbarn gehen durften". Kurschus warnte zugleich vor "dumpfem Nationalstolz" und Forderungen nach einem Schlussstrich unter die Kriegserinnerungen.
Der Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Samiec, erklärte: "Wenn wir uns heute an den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erinnern, sollten wir Christen von unserer Verantwortung für unsere Gegenwart und Zukunft sprechen." Neben der Erinnerung an die schwierige Zeit sei auch wichtig wahrzunehmen, was dank des Einsatzes vieler Menschen für die Versöhnung beider Länder erreicht worden sei.
In dem ökumenischen Gottesdienst der EKD und des Polnischen Ökumenischen Rates kamen auch polnische und deutsche Zeitzeugen zu Wort, darunter ein polnischer ehemaliger KZ-Häftling und ein deutscher Vertriebener. Junge Polen und Deutsche sprachen über ihre Vision eines friedlichen Europas.
Das deutsch-polnische Versöhnungswerk "Zeichen der Hoffnung" wurde mit dem undotierten "Prinzessin-Anna-Wasa-Preis" der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen ausgezeichnet. Der Verein mit Sitz in Frankfurt am Main begleitet Polen, die in nationalsozialistischen Arbeits- und Konzentrationslagern gelitten haben, vermittelt den Einsatz von jungen Freiwilligen aus Deutschland und engagiert sich für Gespräche an Schulen mit Zeitzeugen.
An dem Gottesdienst nahmen auch der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, Erzpriester Radu Constantin Miron, und der deutsche Botschafter in Warschau, Rolf Wilhelm Nikel, teil. Mit dem deutschen Überfall auf Polen begann am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg.