EKD-Vize Kurschus: Deutsch-polnische Versöhnung ist Herzensanliegen

Einmarsch deutscher Truppen in Polen
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Beim Einmarsch deutscher Truppen in Polen am 01.09.1939 reißen Soldaten der deutschen Wehrmacht einen rot-weißen Schlagbaum an der deutsch-polnischen Grenze nieder.
EKD-Vize Kurschus: Deutsch-polnische Versöhnung ist Herzensanliegen
Westfälische Präses predigt bei Friedensgottesdienst in Warschau
30.08.2019
epd
epd-Gespräch: Holger Spierig

Bielefeld, Warschau (epd). 80 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wirbt die stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, für ein gemeinsames Erinnern von Deutschen und Polen. Gegenseitiges Zuhören sei Voraussetzung für "gegenseitiges Verstehen und versöhnende Schritte auf einander zu", sagte die westfälische Präses in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). "In einem zweiten Schritt wird es darauf ankommen, die zurückliegenden Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte wirklich gemeinsam zu betrachten und gemeinsam zu erzählen", sagte Kurschus, die am Samstag in Warschau bei einem deutsch-polnischen Friedensgottesdienst predigen wird.

Nötig ist nach Worten von Kurschus auch der gemeinsame Blick nach vorn. "Es liegen Aufgaben vor uns, die wir nur gemeinsam angehen können", betonte Kurschus, die auch EKD-Beauftragte für die deutsch-polnischen Beziehungen ist. Als Beispiele nannte die Theologin die Verteidigung der Demokratie und der Menschenrechte sowie die Sorge um Chancen- und Verteilungsgerechtigkeit in der EU. Auch der konsequente Einsatz für weltweite Klimagerechtigkeit und ein abgestimmtes Vorgehen im Blick auf Migration könne nur gemeinsam Erfolg haben.

Die intensive Pflege deutsch-polnischer Beziehungen erlebe sie "als einen unerlässlichen Beitrag zur Versöhnung in Europa", erklärte Kurschus. "Neben der politischen Verantwortung, die ich persönlich sehr ernst nehme, gibt es bei mir auch einen starken biografischen Bezug", berichtete die Theologin. Die Familie ihres Vaters hat ihre Wurzeln im ehemaligen Königsberg (Kaliningrad), lebte einige Jahre in Masuren und flüchtete im Januar 1945 in den Westen Deutschlands, wie sie erläuterte. Deutsch-polnische Kontakte zögen sich durch ihre Familie. "Mit der Beauftragung trage ich also in gewisser Weise ein Erbe weiter, das mir ein echtes Herzensanliegen ist", sagte Kurschus.

Die Kirchen beider Länder leisten nach Worten von Kurschus durch ihre Kontakte einen wichtigen Beitrag zur Versöhnung. Der von EKD und dem Polnischen Ökumenischen Rat gegründete Deutsch-Polnische Ausschuss, dem Kurschus angehört, koordiniere zahlreiche Begegnungen und Partnerschaften. Der deutsch-polnische Gottesdienst am Samstag in Warschau gedenkt des deutschen Überfalls auf Polen vor 80 Jahren, am 1. September 1939. Kurschus wird gemeinsam mit dem Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Jerzy Samiec, die Predigt halten. Zu Wort kommen auch Zeitzeugen aus Polen und Deutschland.