Umwelthilfe: Brasiliens Brände Symbol für falsche EU-Agrarpolitik

Umwelthilfe: Brasiliens Brände Symbol für falsche EU-Agrarpolitik
Geschäftsführer Müller-Kraenner fordert Moratorium für Mercosur-Abkommen
27.08.2019
epd
epd-Gespräch: Stephan Cezanne

Berlin (epd). Die Deutsche Umwelthilfe macht für die verheerenden Waldbrände in Brasilien auch eine verfehlte Landwirtschaftspolitik in Europa mitverantwortlich. "Wir sind hier Mitverursacher, diese Brände sind gelegt worden, um Land frei zu machen für die landwirtschaftliche Nutzung, da geht es ja vor allem um Rinderzucht und Soja-Anbau", sagte Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Europa ist der größte Importeur von Soja aus Lateinamerika. Das Soja wird hier fast ausschließlich produziert als Futtermittel oder teilweise als Beimischung für den Biodiesel. Beide Anwendungen müssen hinterfragt werden."

Müller-Kraenner: "Hätten wir in Deutschland und Europa eine an die Fläche gebundene Tierhaltung, dann bräuchten wir diesen Futtermittelimporte überhaupt nicht, auch diese unsinnige Beimischung von Biosprit zum Diesel bräuchten wir nicht. Wir brauchen hier eine andere Landwirtschaftspolitik, dass wir von dieser Fehlentwicklung Biosprit wegkommen."

Der Umwelt-Experte forderte zudem Konsequenzen auf politischer Ebene. An erster Stelle nannte er den Prozess zur Ratifizierung des Freihandelsabkommens, das die EU und die Mercosur-Mitglieder Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay unterzeichnet haben. Das Abkommen diene ganz wesentlich dazu, die europäischen Märkte für diese umstrittenen Agrarprodukte wie Soja aus Lateinamerika weiter zu öffnen. Das müsse auf den Prüfstand gestellt werden: "Dazu brauchen wir erst mal ein Moratorium. Wenn nichts im Bereich Menschenrechte und im Bereich Nachhaltigkeit nachgebessert wird, dann darf dieses Abkommen natürlich nicht die europäischen Parlamente passieren, hier muss massiv nachverhandelt werden."

Die große Aufmerksamkeit für die Waldbrände in Brasilien führt Müller-Kraenner auf die große Symbolkraft dieser Region für die Deutschen zurück: "Der Amazonas-Regenwald ist eines der großen charismatischen Ökosysteme, das ist so ein bisschen wie der Nordpol und der Eisbär, das hat sich ins öffentliche Bewusstsein eingegraben." Es gebe andere Ökosysteme, die eine genauso hohe ökologische Vielfalt hätten, aber was dort passiert, geschehe weitgehend außerhalb der Öffentlichkeit. Es gebe ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass die Verwüstungen in der Amazonasregion auch Auswirkungen auf das weltweite Klima haben, "bis hin zu den unbegründeten Befürchtungen, dass nicht mehr genug Sauerstoff produziert wird".

Der brennende Amazonas sei zudem kein isoliertes Ereignis, "es hat ja auch die Waldbrände in Deutschland und in Europa gegeben", fügte Müller-Kraenner hinzu. Die Vorgänge in Brasilien seien zudem kein Naturereignis, sondern "eine politisch gemachte Katastrophe, die mit dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro und mit den Interessen, die hinter ihm stehen, zu tun haben."

Im Amazonasgebiet wüten die schwersten Waldbrände seit 21 Jahren, wie das brasilianische Institut für Weltraumforschung Inpe bestätigte. Bis August haben die Feuer im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 82 Prozent zugenommen. Nach Meinung von Experten besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der illegalen Abholzung des Regenwaldes und dem Ausbruch der Feuer. Sie gehen davon aus, dass die meisten Feuer durch Brandrodung in abgeholzten Gebieten entstanden sind. Auch in den Nachbarländern Bolivien und Peru sind verheerende Feuer ausgebrochen.