Italiens Küstenwache holt Schwangere von spanischem Rettungsschiff

Italiens Küstenwache holt Schwangere von spanischem Rettungsschiff
Rechtsexperte fordert Reform der Seenotrettung
Neben dem zivilen deutschen Rettungsschiff "Alan Kurdi" mit 40 Flüchtlingen an Bord sucht auch die spanische "Open Arms" mit mehr als 120 Flüchtlingen weiterhin einen sicheren Hafen.

Frankfurt a.M., Rom (epd). Die italienische Küstenwache hat zwei Schwangere vom spanischen Seenotrettungsschiff "Open Arms" in Sicherheit gebracht. Die beiden Frauen seien im achten und neunten Monat schwanger und am frühen Samstagmorgen von der Küstenwache von Bord geholt worden, teilte der Chef der Hilfsorganisation Proactiva Open Arms, Oscar Camps, auf Twitter mit. Bei einer der Frauen hätten die Wehen bereits eingesetzt. Das Rettungsschiff mit mehr als 120 Flüchtlingen an Bord sucht weiterhin nach einem sicheren Hafen. Italien hatte die Einfahrt verwehrt.

Die "Open Arms" hatte die Flüchtlinge am Donnerstag in zwei Einsätzen vor der libyschen Küste aufgenommen. Am Freitag hatte das Schiff Kurs auf die süditalienische Insel Lampedusa gehalten. Die Hilfsorganisation lehnt eine Rückkehr nach Libyen wegen der dortigen Menschenrechtssituation ab, ebenso wie das zivile deutsche Rettungsschiff "Alan Kurdi" mit 40 Flüchtlingen an Bord.

Der Regensburger Verein Sea-Eye teilte am Samstag auf Twitter mit, die "Alan Kurdi" warte inzwischen etwa 20 Meilen vor Malta auf eine politische Lösung. Dem Schiff sei die Einfahrt in Hoheitsgewässer verboten worden. Sea-Eye appellierte an den maltesischen Premierminister Joseph Muscat, "eine schnelle, barmherzige Lösung" für die Flüchtlinge an Bord zu unterstützen. Die "Alan Kurdi" war am Freitag nach Malta abgedreht, nachdem die italienischen Behörden ihr striktes "Nein" zum Einlaufen in italienische Gewässer bekräftigt hatten.

Das Schiff der deutschen Hilfsorganisation hatte die Menschen am Mittwochmorgen vor Libyen aus einem Schlauchboot aufgenommen. Darunter sind laut Sea-Eye auch eine schwangere Frau und drei kleine Kinder. Zwei Flüchtlinge seien Überlebende des Internierungslagers Tadschura in Libyen. Dort waren bei einem Luftangriff Anfang Juli 50 Menschen ums Leben gekommen.

Nach der Dublin-Verordnung müssen Flüchtlinge ihre Asylanträge in dem Land stellen, in dem sie erstmals die EU betreten. Rom verwehrt Seenotrettungsschiffen mit Flüchtlingen an Bord derzeit die Einfahrt in italienische Häfen, wenn sich nicht zuvor andere EU-Länder bereiterklären, diese aufzunehmen.

Der Kieler Rechtswissenschaftler Uwe Jenisch plädierte für eine Modernisierung der Seenotrettung und des Seerechts. "Eine Weiterentwicklung wäre durchaus nötig", sagte Jenisch dem Evangelischer Pressedienst (epd). Die Verpflichtung der Staaten, Seenotrettung in den sogenannten SAR-Zonen für Sicherheit und Rettung einzurichten, sei ursprünglich für normale Seenotfälle entwickelt worden. "Die Rettungsdienste sind nicht konstruiert, um Migrationsströme zur See in den Griff zu bekommen", sagte Jenisch. "Das ist Neuland."

Um das Seerecht zu reformieren regte er eine internationale Seerechtskonferenz an. Die Ergebnisse daraus könnten die Vereinten Nationen aufgreifen, die EU könnten daraus Hinweise für neue Verordnungen und Richtlinien entwickeln. Dabei müsse neu gedacht werden: "Die Schnittstellen der Seenotrettung zum Flüchtlings- und Asylrecht, zu den Menschenrechten und zu Organisationen der Küstenwachen wären ebenso weiterzuentwickeln wie insbesondere die regionale Zusammenarbeit der Staaten auf See."

epd tz