Irrfahrt mit Flüchtlingen

Irrfahrt mit Flüchtlingen
Rettungschiffe «Alan Kurdi» und «Open Arms» suchen nach sicheren Häfen
Libyen will drei Internierungslager schließen, die designierte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wirbt in Rom für einen neuen Pakt für Migration und Asyl. Die Schiffe mit Bootsflüchtlingen warten jedoch weiterhin auf eine schnelle Lösung.

Frankfurt a.M, Rom (epd). Erneutes Ringen um Rettung: Neben dem zivilen deutschen Rettungsschiff "Alan Kurdi" mit 40 Flüchtlingen an Bord suchte auch die spanische "Open Arms" mit 123 Flüchtlingen am Freitag nach einem sicheren Hafen. Doch der ist nicht in Sicht. Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warb unterdessen in Rom für gemeinsame Lösungen der Mitgliedsländer im Umgang mit Flüchtlingen. Libyen kündigte an, drei seiner umstrittenen Internierungslager für Flüchtlinge zu schließen.

Bei einer Begegnung mit Italiens Ministerpräsidenten Giuseppe Conte sprach sich von der Leyen für eine neue Art und Weise der Lastenverteilung zwischen den EU-Staaten aus. Die Aufnahme von Migranten müsse "effizient und human" sein, erklärte sie, forderte zugleich aber auch mehr Solidarität mit den Mittelmeeranrainern Italien, Spanien, Malta und Griechenland. Diese dürfe jedoch nicht einseitig sein.

Nach der Dublin-Verordnung müssen Flüchtlinge ihre Asylanträge in dem Land stellen, in dem sie erstmals die EU betreten. Rom verwehrt Seenotrettungsschiffen mit Flüchtlingen an Bord derzeit die Einfahrt in italienische Häfen, wenn sich nicht zuvor andere EU-Länder bereiterklären, diese aufzunehmen.

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte rief zu einem effizienteren Umgang mit Flüchtlingsströmen auf. Es könne nicht sein, das das Problem einzig auf den Schultern der Länder laste, in denen die Flüchtlinge als erstes die EU erreichten.

Die "Alan Kurdi" drehte am Freitag nach Malta ab, nachdem die italienischen Behörden ihr striktes "Nein" zum Einlaufen in italienische Gewässer bekräftigt hatten. Italien habe dem Schiff einen sicheren Hafen verwehrt und es an das 100 Seemeilen entfernte Nachbarland verwiesen. Dabei hätten die Behörden angegeben, Malta könne für eine mögliche medizinische Behandlung der Flüchtlinge einen Arzt schicken, teilte die Hilfsorganisation Sea-Eye mit. Auch eine schwangere Frau und drei kleine Kinder dürften mit ihren Eltern nicht nach Lampedusa. Noch verfügt das Schiff laut Sea-Eye über ausreichend Proviant und Treibstoff, um Malta zu erreichen.

Die "Alan Kurdi" hatte am Mittwochmorgen vor Libyen die Menschen aus einem Schlauchboot aufgenommen. Zwei Flüchtlinge sind laut Sea-Eye Überlebende des Internierungslagers Tadschura. Dort waren bei einem Luftangriff Anfang Juli 50 Menschen ums Leben gekommen. Die "Open Arms" hatte am Donnerstag die Flüchtlinge in zwei Einsätzen vor der libyschen Küste aufgenommen. Am Freitag hielt das Schiff Kurs auf die süditalienische Insel Lampedusa. Beide Schiffe lehnen eine Rückkehr nach Libyen wegen der dortigen Menschenrechtssituation ab.

Die international anerkannte Regierung in Tripolis kündigte derweil an, drei der umstrittenen Internierungslager für Flüchtlinge und Migranten zu schließen. Das bestätigte ein Sprecher des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) in Rom dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Innenministerium will demnach die Menschen aus den Haftzentren in Tadschura, Misrata und Homs in andere Lager verlegen.

Die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen fordern seit langem die Camps zu schließen und die internierten Menschen zu evakuieren. Die Verhältnisse in den Lagern werden als unmenschlich kritisiert. Festgehaltene würden gefoltert, sexuell missbraucht oder als Arbeitssklaven verkauft, beklagt das UNHCR. Sie litten unter Durst, Hunger und Krankheiten.

epd bg/et/cd rks