Medizinethikerin: Mensch-Tier-Grenze nicht in Gefahr

Medizinethikerin: Mensch-Tier-Grenze nicht in Gefahr
01.08.2019
epd
epd-Gespräch: Franziska Hein

München (epd). Die Aufregung über die japanische Forschung zu Mensch-Tier-Mischwesen hält die Münchner Medizinethikerin Alena Buyx für überzogen. "Da fällt nicht die Mensch-Tier-Grenze", sagte Buyx, die auch Mitglied des Deutschen Ethikrates ist, am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei zwar nachvollziehbar, dass Menschen die Vorstellung von Chimären unheimlich fänden. "Menschen haben oftmals eine unwillkürliche Abscheu - gerade auch vor biotechnologischen Innovationen", sagte Buyx. Das sei ein normaler psychologischer Abwehrprozess. Dieser ersetze aber nicht wohlüberlegte Entscheidungen.

Es sei wichtig zu verstehen, was in Japan wirklich passiere, sagte die Direktorin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin der Technischen Universität München. Bei den Experimenten in Japan handele es sich um eine Weiterentwicklung von verschiedenen Forschungsansätzen, die auch in anderen Ländern schon teils seit langer Zeit verfolgt würden. So würden etwa in der Diabetes-Forschung zur Insulinproduktion menschliche Zellen in Tiere eingebracht.

Die japanische Regierung hatte im März das Verbot gelockert, mit Tierembryonen, die menschliche Stammzellen enthalten, länger als 14 Tage zu experimentieren. Nun sind die Einbringung in einen tierischen Uterus und auch eine mögliche Geburt erlaubt. Ziel dieser Forschung ist es, Organe zu züchten, die irgendwann auf Menschen übertragbar wären. "Das ist aber wohl noch in weiter Ferne", sagte Buyx. "Es ist noch unklar, ob das irgendwann funktioniert und wenn ja, wann."

Es gehe nicht um Forschung an menschlichen Embryonen, betonte Buyx. Die sei in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verboten. Bei der japanischen Forschung gehe es darum, dass menschliche pluripotente Stammzellen in einen tierischen Embryo eingebracht werden, der sich einem Frühstadium befindet. Es handle sich demnach um Forschung an tierischen Embryonen, nicht an menschlichen. Das sei auch in Deutschland nicht verboten.

Für die aktuellen japanischen Forschungen ethisch relevant sei auch die Frage nach dem Tierwohl. Der Deutsche Ethikrat hatte bereits im Jahr 2011 zu dieser Frage Stellung genommen. Für Buyx ist die Heilung schwerer oder tödlicher Krankheiten beim Menschen ein hochrangiges Ziel. Daher halte sie die Forschung für zulässig. Es sei aber wichtig, Leid bei den Tieren zu vermeiden und diese Forschung nur sehr sparsam und möglichst sorgfältig einzusetzen.