Dabrock: Chimären-Experiment in Japan hat hochrangiges Ziel

Dabrock: Chimären-Experiment in Japan hat hochrangiges Ziel
31.07.2019
epd
epd-Gespräch: Corinna Buschow

Berlin (epd). Der Sozialethiker Peter Dabrock hat davor gewarnt, die in Japan geplante Forschung an Mensch-Tier-Wesen vorschnell zu verurteilen. "Natürlich ist nachvollziehbar, dass man erst einmal Grusel empfindet", sagte der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats am Mittwoch in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Man denkt vielleicht an Pegasus, Sphinx, Kentauren oder irgendwelche Horrormonster aus Hollywood-Trash-Filmen", sagte Dabrock. Darum gehe es aber überhaupt nicht. Hinter dem Experiment stehe durchaus ein hohes und berechtigtes Ziel, betonte der Theologe.

"Ziel dieser Grundlagenforschung ist, dass man in einer Ratte menschliche Bauchspeicheldrüsen züchten könnte", erklärte Dabrock. Man wolle langfristig auf die Art und Weise die Organknappheit überwinden, betonte er. In Deutschland werde derzeit über eine Neuregelung der Organspende debattiert. "Viele Menschen haben bei der Widerspruchsregelung, die ein Vorschlag ist, Bauchschmerzen", sagte er. "Wenn es hier die Option gibt, die Forschung so weit voranzubringen, dass man nicht nur Organknappheit beheben, sondern sogar auf klassische Organspende verzichten könnte, ist das auf jeden Fall ein hochrangiges Ziel", sagte er.

Man werde allerdings tierethische Fragen wie die Tötung von Tieren, aber auch ihr mögliches Leiden während der Versuche erörtern müssen, sagte Dabrock. Man müsse aber auch bedenken, "dass wir schon immer Humaninsulin genetisch herstellen auf der Grundlage von Bakterien oder jetzt schon Herzklappen von Schweinen beim Menschen einsetzen", sagte er.

Der japanische Forscher Hiromitsu Nakauchi von der Universität Tokio plant, menschliche Zellen in Maus- und Rattenembryonen zu bringen und diese Embryonen dann in Ersatztiere zu verpflanzen. Das Wissenschaftsjournal "Nature" hatte in seiner aktuellen Ausgabe (Juli) darüber berichtet.

Dabrock verwies auf eine Stellungnahme des Ethikrats zu Mensch-Tier-Mischwesen - sogenannten Chimären - aus dem Jahr 2011, die die Möglichkeiten und Grenzen für die Forschung in diesem Bereich herausarbeitet. Natürlich gebe es Grenzen für diese Forschung. "Was sicherlich nicht geht, ist die Methode 'Dolly' - also einen menschlichen Zellkern in eine tierisches Zelle hineinzusetzen - oder auf andere Weise Ei- und Samenzelle von Menschen und Tieren zu verschmelzen", sagte er.

Die erste Empörung über die Versuche in Japan bezeichnete Dabrock als "Sturm im Wasserglas". Noch wisse man wenig über die Details, etwa woher die menschlichen Stammzellen stammten. Dies könnten auch sogenannte adulte Stammzellen sein, wofür keine Forschung an Embryonen nötig wäre. Wenn dem so sei, "wäre diese Forschung auch in Deutschland sowohl nach dem Embryonenschutz- als auch nach dem Tierschutzgesetz möglich", sagte Dabrock.