Seehofer sieht wegen Gewaltdelikten Werteverfall in Deutschland

Seehofer sieht wegen Gewaltdelikten Werteverfall in Deutschland

Berlin (epd). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sieht nach dem gewaltsamen Tod eines Jungen am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main einen Werteverfall in Deutschland. Er sei tief bestürzt von dem kaltblütigen Mord, sagte er am Dienstag in Berlin. Seehofer versicherte zugleich, dass die Behörden alles tun würden, damit der mutmaßliche Täter eine gerechte Bestrafung bekomme. Der Minister wies darauf hin, dass es in den vergangenen Wochen mehrere schwerwiegende Gewaltdelikte gegeben habe, die das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung beeinträchtigten. Daher wolle er in den kommenden Monaten mit den zuständigen Stellen beraten, wie mit diesem Phänomen umgegangen werden könne.

Am Montag war ein achtjähriger Junge am Frankfurter Hauptbahnhof von einem einrollenden ICE überfahren worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts des Mordes und des versuchten Mordes in zwei Fällen. Einem 40-jährigen Mann aus der Schweiz mit eritreischer Staatsangehörigkeit wird vorgeworfen, zunächst eine am Bahngleis stehende 40 Jahre alte Frau und dann ihren acht Jahre alten Sohn vor den herannahenden Zug gestoßen zu haben. In der Folge habe der mutmaßliche Täter versucht, noch eine weitere Frau in das Gleisbett zu stoßen, was jedoch misslang. Während die Mutter sich nach dem Sturz auf einen schmalen Fußweg zwischen zwei Gleisen retten konnte, wurde ihr Kind von dem Zug erfasst und erlag noch vor Ort seinen Verletzungen.

Nach Angaben von Bundespolizeipräsident Dieter Romann war der Eritreer 2006 unerlaubt in die Schweiz eingereist und hatte dort Asyl beantragt. Dies sei ihm 2008 gewährt worden. Er besitze eine Niederlassungsbewilligung in der Schweiz, habe eine feste Arbeit und gelte als gut integriert. Allerdings sei er zuletzt aufgefallen, weil er eine Nachbarin massiv mit einem Messer bedroht habe. Die Schweiz habe ihn daraufhin zur Festnahme ausgeschrieben. Zum Motiv für die Tat in Frankfurt gab es zunächst keine Erkenntnisse.

Seehofer betonte nach einem Treffen mit den Chefs der Sicherheitsbehörden, dass er Spitzentreffen anberaumt habe, um unter anderem mit dem Verkehrsminister und der Deutschen Bahn zu erörtern, wie die Sicherheit auf Bahnhöfen wirksam verbessert werden könne. So sei dringend mehr Polizeipräsenz nötig, daher strebe er eine weitere Personalaufstockung an. Auch das Thema Videoüberwachung werde besprochen.

In der jüngeren Vergangenheit hatten die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen Rechtsextremisten und ein mutmaßlich rassistisch motivierter Angriff auf einen Eritreer mit einer Schusswaffe im hessischen Wächtersbach für Entsetzen gesorgt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gibt es keine Erkenntnisse über eine Verbindung des aktuellen Falles zur Tat in Wächtersbach.