Gauck: Bayern könnte Modell gegen europäische Krise sein

Gauck: Bayern könnte Modell gegen europäische Krise sein

Augsburg (epd). Das Politikverständnis der Bayern kann Altbundespräsident Joachim Gauck zufolge ein Modell sein, um Europa aus der politischen Krise zu führen. Bayern habe es geschafft, "eine Verbindung zwischen ihrer Tradition und dem Neuem zu schaffen, Eigenes, Bewährtes weitgehend zu erhalten und gleichzeitig Neues zu schaffen", sagte er der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstag). Bayern hinke nicht hinterher, nur weil es konservativer sei als andere Bundesländer, im Gegenteil, sagte Gauck. Genau dies müsse auch in Europa gelingen: "Den Menschen zu sagen: Ihr könnt Polen bleiben, ihr könnt Dänen bleiben, aber ihr seid eben auch Europäer."

Das ehemalige Staatsoberhaupt warnte vor einer tiefen politischen Spaltung der Gesellschaft in Deutschland wie etwa in den USA: "Es könnte sein, dass wir in eine Situation wie in den USA hinein schlittern." Dort bewegten sich Progressive und Traditionalisten nur noch in ihren eigenen Kreisen und hätten eine solche Distanz zueinander geschaffen, "dass es kaum mehr Brücken zwischen den beiden Lagern gibt", sagte Gauck. "Oder schauen Sie nach Polen, wo sich die Liberalen und die Nationalkonservativen so feindlich gegenüberstehen, dass eine Koalition faktisch ausgeschlossen ist", fügte der Aktbundespräsident hinzu.

Gauck erklärte zugleich, warum er jüngst zu einer Erweiterung der Toleranz ins rechte Lager aufgerufen habe. "Intoleranz ist dann geboten, wenn unsere Rechtsordnung ignoriert wird, wenn die Würde des Menschen verletzt, wenn zum Hass aufgerufen oder Rassismus gepredigt wird", betonte er. "Davor gibt es einen breiten Bereich von Meinungen und Haltungen, die mir zwar höchst unsympathisch sind, aber diese Meinungen und Haltungen muss ich in einer offenen, freiheitlichen Gesellschaft tolerieren", erklärte der Altbundespräsident. "Wir können nicht so tun, als würde gleich rechts von CDU und CSU der Faschismus lauern", unterstrich Gauck.