Proteste gegen Abschiebung in Leipzig eskalieren

Proteste gegen Abschiebung in Leipzig eskalieren
Ein Syrer soll aus Leipzig abgeschoben werden. Aus dem Spontanprotest einiger Dutzend Menschen wird eine Demonstration mit bis zu 500 Teilnehmern. Als die Polizei nach Stunden einen blockierten Steifenwagen befreien will, kommt es zu Gewalt.

Leipzig (epd). In Leipzig sind Proteste gegen die Abschiebung eines Syrers eskaliert. Elf Beamte wurden am Dienstagabend durch Flaschen- und Steinwürfe leicht verletzt, wie die Leipziger Polizei am Mittwoch mitteilte. Zudem seien Einsatzfahrzeuge beschädigt worden. 3 der bis zu 500 Demonstranten wurden festgenommen, 2 kamen in Untersuchungshaft. Innenminister Roland Wöller (CDU) verurteilte die Gewalt, Augenzeugen warfen den Beamten unnötige Härte vor.

Die Abschiebung des Syrers war laut Polizei für 20.30 Uhr im Osten der Stadt geplant. Dort hätten zunächst 30 bis 40 Protestierende die Weiterfahrt des Streifenwagens blockiert, in dem der Syrer saß. Die Demonstranten meldeten eine Versammlung an, die auf bis zu 500 Teilnehmer anwuchs.

Der Syrer sei später weggebracht worden, erklärte die Polizei. Daraufhin hätten Demonstranten die Beamten beschimpft, mit Eiern und Feuerzeugen beworfen und die Zufahrt zu der Straße verbarrikadiert. Als die Polizisten den Bereich um den Streifenwagen nach 1.30 Uhr nachts räumten, seien sie massiv mit Steinen und Flaschen beworfen worden. In der Folge sei "unmittelbarer Zwang auch durch Hilfsmittel der körperlichen Gewalt" angewandt worden.

Augenzeugen berichteten in sozialen Netzwerken, die Polizei habe Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt. Auch Vertreter der Presse seien attackiert und in ihrer Arbeit behindert worden. Ein Polizeisprecher erklärte, dazu lägen bislang keine Erkenntnisse vor. Gleiches gelte für Berichte, die Mutter des Syrers sei bei dem Polizeieinsatz in deren Wohnung verletzt worden. Die Ermittlungen dauerten an.

Laut Polizei wurden drei Demonstranten vorläufig festgenommen. Zwei von ihnen wurden demnach am Nachmittag einem Haftrichter vorgeführt und wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung und schweren Landfriedensbruch in Untersuchungshaft genommen.

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hatte die Gewalt bereits vor einer detaillierten Lagebeschreibung durch die Polizei am Vormittag scharf verurteilt. Er sei entsetzt, "mit welcher Wut und Gewalt die Polizeibeamten bei ihrer Arbeit bedroht und angegriffen wurden", sagte Wöller. Wer Einsatz- und Rettungskräfte behindere "oder gar mit Steinen und Flaschen bewirft, gefährdet Menschenleben und greift unseren Rechtsstaat an", sagte der Minister. Die Verantwortlichen würden nun zügig ermittelt und hart bestraft. Erkenntnisse über attackierte Rettungskräfte lagen laut Polizei bis zum Nachmittag nicht vor.

Der Leipziger Grünen-Politiker Jürgen Kasek warf der Polizei vor, den Gewaltausbruch befördert zu haben. Die Beamten hätten gegen zwei Uhr entschieden, die verbliebenen rund 300 Demonstranten zur Seite zu drängen, um den Streifenwagen zu befreien, schrieb der Rechtsanwalt auf Facebook. Dabei sei sehr schnell, großflächig und ohne Vorwarnung Pfefferspray eingesetzt worden, "was zur Eskalation der Situation führte", erklärte Kasek.

Die Leipziger Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke), die ebenfalls vor Ort war, bedauerte, dass die Polizei die Abschiebung trotz des massiven Protests nicht abgebrochen habe. Sie danke den vielen Menschen, die zivilen Ungehorsam gegen die "Entscheidungen einer falschen Asylgesetzgebung" geleistet hätten, erklärte Nagel.

Der Syrer wurde nach Angaben der Landesdirektion Sachsen am Mittwoch per Linienflug nach Spanien abgeschoben. Dort habe er einen Asylantrag gestellt und verfüge über eine Aufenthaltsgenehmigung. Sein Asylantrag in Deutschland sei im Mai 2017 abgelehnt worden, weshalb er ausreisepflichtig gewesen sei.