Physiotherapeuten-Schüler müssen nicht mehr zahlen

Physiotherapeuten-Schüler müssen nicht mehr zahlen
Hälfte der Bundesländer schafft Schulgeld für Gesundheitsfachberufe ab
"Wir brauchen die Fachkräfte dringend", sagt die Bremer Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt. Wie Bremen schafften die meisten Länder das Schuldgeld für Gesundheitsberufe in Eigenregie ab. Vom Bund fordern sie jetzt einen zügigen Kostenausgleich.

Frankfurt a.M. (epd). Schleswig-Holstein rühmt sich, "Vorreiter" bei der Schulgeldfreiheit für Gesundheitsberufe zu sein. Diese gilt im Norden seit dem 1. Januar. Angesichts des steigenden Fachkräftebedarfs sei das Land in Vorleistung gegangen, erklärte Landesgesundheitsminister Heiner Garg (FDP) kürzlich in Kiel. Er erwarte jetzt, dass der Bund in die Finanzierung einsteigt: "Es darf nicht sein, dass der Bund große Ziele formuliert und dann die Länder damit alleine lässt."

Bayern entwickelte einen Gesundheitsbonus, um den Wegfall des Schulgeldes rückwirkend zum Schuljahr 2018/19 zu finanzieren. Von den Berufsfachschulen hätten 99 Prozent den Bonus angenommen und das Schulgeld gestrichen, teilte das Kultusministerium in München dem Evangelischen Pressedienst (epd) in einer Umfrage unter den 16 Bundesländern mit. Der Gesundheitsbonus ist ein Zuschuss des Staates zur Ausbildung in den Gesundheitsberufen. Damit schaffe das Land die Voraussetzung, eine gute und flächendeckende Versorgung mit allen Dienstleistungen rund um die Gesundheit zu sichern, betonte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler).

Bremen regelt die Finanzierung der Ausbildung über das Krankenhausgesetz. Zum 1. Juni diesen Jahres ist der Klinikverbund Gesundheit Nord Träger von drei der vier Ausbildungsschulen für Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten. Für sie gilt seither Schulgeldfreiheit. "Wir brauchen die Fachkräfte dringend", betonte Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD). "Wir möchten erreichen, dass sich mehr Menschen dafür entscheiden, einen Therapieberuf zu erlernen."

In Hamburg stellt die Gesundheitsbehörde in diesem Jahr rund 3,5 Millionen Euro zur Verfügung, damit die 1.100 Schüler an staatlich anerkannten Berufsfachschulen kein Schulgeld mehr zahlen müssen. Die Landesregelung gilt zunächst zwei Jahre - bis eine Bundesregelung in Kraft tritt. Auch die Berliner Charité strich zum Oktober 2018 das Schulgeld. Andere Berliner Ausbildungsstätten etwa in Trägerschaft von Krankenhäusern wollen nachziehen. In der Brandenburgischen Akademie für Sozial- und Gesundheitsberufe fällt das Schulgeld zum 1. Oktober dieses Jahres. Sachsen-Anhalt streicht es zum Ausbildungsjahr 2020/21.

Niedersachsen erließ zunächst eine Richtlinie, um den Fachkräftenachwuchs im Gesundheitswesen ab dem 1. August vom Schulgeld zu befreien. Ein Landesgesetz soll 2020 folgen. Landessozialministerin Carola Reimann (SPD) sagte dem epd: "Mit der Schulgeldfreiheit überwinden wir das größte Hindernis der Nachwuchsgewinnung." Ziel sei es, die bestehenden Ausbildungskapazitäten voll auszuschöpfen: "Zur Zeit bestehen in einzelnen Professionen Vakanzen von bis zu 50 Prozent."

Nordrhein-Westfalen erließ zum 1. September 2018 rückwirkend 70 Prozent des Schulgeldes. Das Landesarbeitsministerium spricht von einem "Einstieg in die Schulgeldfreiheit". Im laufenden Jahr stellt NRW dafür 25 Millionen Euro zur Verfügung. Sprecherin Miriam Skroblies sagte dem epd: "Aufgrund der finanziellen Entlastung ist davon auszugehen, dass die Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen deutlich an Attraktivität gewinnen." Rheinland-Pfalz hat nach eigenen Angaben 38 von 62 Gesundheitsfachschulen zahlungsfrei gemacht.

Baden-Württemberg, das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Brandenburg, Hessen und Thüringen verwiesen auf die Bund-Länder-Kommission, die bis Ende 2019 Vorschläge zur Finanzierung der Schulgeldfreiheit in den Gesundheitsfachberufen erarbeitet. Ziel solle eine bundeseinheitliche Lösung sein, unterstrichen die Fachressorts. Hessen setzt sich in der Arbeitsgruppe laut Alice Engel, Sprecherin des Sozialministeriums, "mit Nachdruck dafür ein, dass sich der Bund nicht aus seiner Verantwortung zurückzieht".