Steinmeier mahnt Investitionen in Medien an

Steinmeier mahnt Investitionen in Medien an
Politiker und Branche bekennen sich bei dpa-Jubiläumsfeier zu journalistischen Kardinaltugenden
Wie kann Qualitätsjournalismus auch in Zeiten kostenloser digitaler Inhalte bestehen? Bei einem Festakt zum 70. Geburtstag der dpa mahnt Steinmeier Investitionen an. Medienvertreter diskutieren darüber, wie Emotionen mit Fakten begegnet werden kann.

Berlin (epd). Zum 70-jährigen Bestehen der Deutschen Presseagentur (dpa) hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Medien in Deutschland zu Investitionen aufgefordert, um auch künftig verlässliche Nachrichten im Strom digitaler Informationen zu liefern. Bei einem Festakt am Montag in Berlin erinnerte er an das Versprechen der Nachrichtenagenturen, objektiv und unabhängig zu sein. Dieser hehre Anspruch sei nicht von gestern. "In der Dauererregung ist er notwendiger denn je", sagte Steinmeier. Die Demokratie brauche Journalismus.

Nachrichtenagenturen seien lange die einzigen Institutionen gewesen, die den freien Fluss von Nachrichten garantierten und über ihn wachten. Der Journalismus heute durchlebe aber "grundstürzende Veränderungen", sagte er mit Verweis auf die Kommunikation im Internet, unter anderem in den sozialen Netzwerken. Alles, was geschehe, erreiche Leser, Hörer und Zuschauer nicht selten von jetzt auf gleich.

"Der nie endende, nie versiegende Fluss an Informationsfetzen ist eine Überreizung, ein Nachrichtenkonfetti, das niemand mehr bewältigen kann", sagte Steinmeier. Die Digitalisierung stelle bei allen Möglichkeiten und Chancen dabei auch das Geschäftsmodell des Agenturjournalismus infrage. Noch gebe es keine Antwort auf die Frage, wie Qualität, Erfahrung, Sorgfalt und Anspruch angemessen entlohnt werden könnten, "wenn nur einen Mausklick weit entfernt der digitale Grabbeltisch mit kostenlosen Angeboten lockt".

Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), erklärte, der Nachrichtenmarkt richte sich immer stärker am rasanten Takt der Liveticker aus und sei mit den sozialen Medien noch um einiges anfälliger für skandalisierende Nachrichten, aber eben auch für Desinformation. Mit journalistischen Kardinaltugenden wie Sorgfalt, Unvoreingenommenheit, der Trennung von Bericht und Meinung, Ausgewogenheit und Differenziertheit vermittele die dpa Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die Medien. "Und genau das ist es, womit wir Populisten Paroli bieten können, während sie ihre Zerrbilder der Realität als alternative Fakten in den Raum werfen", erklärte Grütters.

Bei einer Podiumsdiskussion mit dem Titel "Pressefreiheit in Gefahr? Demokratie in Gefahr?" berichtete die Berliner Bürochefin der Zeitung "New York Times", Katrin Bennhold, vom Vorgehen ihres Mediums in der Regierungszeit von Präsident Donald Trump. Natürlich sträube man sich gegen eine Regierung, die einen zumachen wolle. Doch würden sich die Journalisten ihrer Zeitung niemals Opposition nennen, sagte sie.

Der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Konzerns, Mathias Döpfner, äußerte sich besorgt über die globale "Erosion der Institutionen" in Politik und Medien. Grüne und AfD legten als Parteien in der Wählergunst zu - aber eher auf Basis von Emotionen als von Fakten, sagte er. Die Gewinner der Globalisierung wählten die Grünen, die Verlierer der AfD. Zugleich gebe es eine Relativierung von Fakten.

ARD-Chef Ulrich Wilhelm sagte, Journalisten sollten sich auf die Stufe des Lernenden stellen und mit unverstelltem Blick auf die Ereignisse schauen. Um Internet-Filterblasen und damit der gesellschaftlichen Polarisierung entgegenzuwirken, sei zudem der politische Wille und auch eine Rolle des Staates bei der Gestaltung einer technischen Infrastruktur nötig.

ZDF-Chefredakteur Peter Frey betonte, dass guter Journalismus Selbstbewusstsein brauche. Auch Diversität unter den Journalisten sei wichtig, sagte er mit Blick auf Herkunft, Hintergrund und Status von Medienschaffenden.

Der dpa-Geschäftsführer Peter Kropsch erläuterte derweil, dass die dpa einen "Speckgürtel" an Aktivitäten anlege, um das Grundkonstrukt des Unternehmens, die Nachrichtenagentur, zu unterstützen. Die Nachrichtenagentur sei der Kern und den gelte es zu erhalten.

Die dpa wurde am 18. August 1949 gegründet. Am 1. September lief die erste Meldung in eigener Sache über den Dienst. Die "Pflege der objektiven Nachricht" und die Unabhängigkeit von staatlichen, parteipolitischen und wirtschaftlichen Interessengruppen sollten Merkmal der Agentur sein. Nachrichtenagenturen sind mit ihren Diensten bis heute wichtige Grundlage für die Berichterstattung von Medien in Deutschland.