Neuer Ärztepräsident Reinhardt hält viele Arztbesuche für unnötig

Neuer Ärztepräsident Reinhardt hält viele Arztbesuche für unnötig
Patientenschützer lehnen Patientengebühr ab
Wer zu oft und ohne Not zum Arzt geht, soll bezahlen? Der Vorschlag des neuen Ärztepräsidenten stößt auf Widerspruch.

Essen/Dortmund (epd). Der neue Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt stößt mit seinem Vorschlag, eine Patientengebühr bei zu viel unnötigen Arztbesuchen einzuführen, auf Kritik. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warf dem Mediziner eine "maximale Patientenverunsicherung" vor. Es habe in Deutschland schon einmal eine Praxisgebühr gegeben, die "nichts gebracht hat, um Arztbesuche zu lenken", sagte der Vorstandsvorsitzende Eugen Brysch dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Dortmund. "Niemand setzt sich aus reiner Langeweile in ein Wartezimmer."

Brysch forderte den Präsidenten der Bundesärztekammer auf, sich in solchen Fragen besser mit seinen Praxiskollegen abzustimmen. Schließlich müssten die vor Ort entscheiden, welcher Patientenkontakt notwendig sei und welcher nicht, erklärte er.

Nach Ansicht von Reinhardt, der Hausarzt in Bielefeld ist, gehen die Deutschen im Vergleich zu anderen Nationen sehr oft zum Arzt. Zur Eindämmung der Kosten spricht er sich für eine finanzielle Selbstbeteiligung von Patienten aus, die besonders häufig medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. "Bei mehrfachen und völlig unnötigen Arztbesuchen kann eine moderate wirtschaftlichen Beteiligung zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit unseren knappen Ressourcen im Gesundheitswesen beitragen", sagte Reinhardt den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Freitag).

Reinhardt betonte, der Erstzugang zum Arzt solle immer frei sein. "Aber man muss genauer hinsehen, wer wann und weshalb zum Arzt geht", forderte der Mediziner. Nicht jeder Besuch beim Arzt sei notwendig und sinnvoll. Die Menschen in Deutschland hätten ein hohes Sicherheitsbedürfnis und viele wollten, dass sich sofort ein Arzt kümmert. Hier brauche es mehr Gesundheitskompetenz seitens der Patienten. "Dann wüssten die Leute, dass sie bei einem Brechdurchfall ein paar Tage mit einer einfachen Diät auch selbst zurechtkommen."

In Zweifelsfällen sollten sich Patienten natürlich eine zweite Meinung einholen können, sagte Reinhardt. Es gebe aber jene, die nicht einen, sondern zwei oder drei Hausärzte haben und sich regelmäßig eine zweite oder dritte Meinung einholen, kritisierte der Präsident der Bundesärztekammer: "Das geht nicht." Sie verbauten den Menschen, die ernsthaft erkrankt seien, den Weg zu ärztlicher Hilfe.