Proteste nach historischem Tempelbesuch von Frauen in Südindien

Generalstreik in der Hauptstadt von Kerala
© R.S. Lyer/AP/dpa
Pendler werden mit einem Polizeiwagen transportiert, nachdem der Busverkehr während eines Generalstreiks in der Hauptstadt von Kerala, Thiruvanathapuram, gestrichen wurden.
Proteste nach historischem Tempelbesuch von Frauen in Südindien
Nach dem historischen Tempelbesuch zweier Frauen in Südindien haben radikale Hindus des Leben im Bundesstaat Kerala lahmgelegt.

Bei den Protesten wurden mindestens ein Mensch getötet und etwa 100 verletzt, darunter 38 Polizisten, wie die Zeitung "Hindustan Times" am Donnerstag berichtete. Die Demonstranten beschuldigen die Regierung von Kerala, den beiden Frauen beim Betreten des Sabarimala-Tempels geholfen zu haben. Frauen zwischen 10 und 50 Jahren ist der Zutritt zu dem Hindu-Heiligtum verboten.

In Kerala blieben am Donnerstag Schulen geschlossen, und der öffentliche Verkehr wurde gestoppt. Die hindunationalistische Partei Bharatiya Janata in dem Bundesstaat rief für Freitag zu weiteren Protesten auf.

Die beiden Frauen hatten am Mittwoch im Schutz der Dunkelheit heimlich einen der heiligsten Hindu-Schreine betreten und damit ein jahrhundertealtes Verbot gebrochen. Es gelang den beiden Besucherinnen in Begleitung von Polizisten die Menge extremistischer Hindus zu täuschen, die seit Wochen den Sabarimala-Tempel in eine Festung verwandelt haben. Die Hindus wehren sich mit den Protesten gegen die Aufhebung des Frauenverbots durch das Oberste Gericht des Landes. Die beiden Frauen werden inzwischen zu ihrem Schutz von der Regierung in Kerala versteckt.

Dem Glauben nach dürfen Frauen im gebärfähigen Alter den vergoldeten Tempel nicht betreten, weil die dort verehrte Gottheit unverheiratet ist und daher von Besucherinnen "verführt" werden könnte. Menstruierende Frauen gelten laut hinduistischer Tradition als unrein und dürfen nicht an religiösen Riten teilnehmen oder Tempel betreten.

Im September 2018 erklärte jedoch das Oberste Gericht, die Praxis verstoße gegen die von der Verfassung garantierte Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Zahlreiche Frauen hatten danach versucht, den in einem Wald gelegenen Tempel zu erreichen, waren aber von wütenden Hindu-Aktivisten davon abgehalten worden. Im Oktober nahm die Polizei bei Ausschreitungen von Verbotsbefürwortern etwa 2.000 Menschen fest.

Am Dienstag hatten Zehntausende Frauen in Kerala eine etwa 620 Kilometer lange Menschenkette gebildet, um gegen das Tempel-Verbot zu protestieren. Die meisten Tempel in Indien erlauben den Besuch von Frauen und setzen anders als der Sabarimala-Schrein keine strikten Altersregeln. Allerdings gibt es mehrere berühmte Tempel, die ein absolutes Frauenverbot aufrecht erhalten.