Kirchen kritisieren Rüstungsexport-Politik scharf

Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung scharf kritisiert
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Die beiden großen Kirchen fordern einen Stopp aller Lieferungen an Saudi-Arabien.
Kirchen kritisieren Rüstungsexport-Politik scharf
Die beiden großen Kirchen machen die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung mitverantwortlich für die humanitäre Katastrophe im Jemen. Sie werfen der Bundesregierung vor, sich bei der Genehmigungspraxis von Rüstungsexporten nicht einmal an die eigenen Ankündigungen zu halten. Sie fordern einen Stopp aller Lieferungen an Saudi-Arabien.

Die beiden großen Kirchen haben die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung scharf kritisiert und eine Kehrtwende gefordert. Die Regierung sei mitverantwortlich für die humanitäre Katastrophe im Jemen, erklärten die Kirchenvertreter am Montag in Berlin bei der Vorstellung des diesjährigen Rüstungsexportberichts der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE).

Kirchen fordern ein Rüstungsexportkontrollgesetz

Sie zogen eine ernüchternde Bilanz der Aktivitäten der neuen Bundesregierung und warfen der Koalition aus Union und SPD vor, ihre eigenen Ankündigungen nicht umzusetzen. Der katholische GKKE-Vorsitzende Prälat Karl Jüsten kritisierte, die noch für 2018 angekündigte Verschärfung der Rüstungsexportrichtlinien sei nicht in Sicht. Der evangelische Vorsitzende Prälat Martin Dutzmann forderte die Regierung auf, dafür zu sorgen, dass Rüstungsproduzenten wie die Rheinmetall AG nicht länger trotz Exportstopp auf Umwegen Munition in Kriegsgebiete liefern können.

Erneut forderten die Kirchen ein Rüstungsexportkontrollgesetz. Dutzmann bemängelte außerdem, die neue Bundesregierung setze den Kurs des damaligen Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD) im Umgang mit den Kritikern nicht fort. Er bedaure sehr, "dass der Dialog mit dem Bundeswirtschaftsminister über die Rüstungsexporte nicht fortgesetzt wird", sagte Dutzmann.

Befristeter Exportstopp reicht nicht aus

Die Kirchen verurteilen insbesondere die Waffenexporte an Saudi-Arabien, das die Kriegs-Koalition im Jemen anführt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Patrouillenboote aus Deutschland an der völkerrechtswidrigen Seeblockade gegen den Jemen beteiligt seien. Die Bundesregierung müsse alle erteilten Genehmigungen an die Staaten der Jemen-Koalition sofort widerrufen. Mit einem befristeten Exportstopp, wie ihn die Regierung nach der Ermordung des saudischen Journalisten und Regierungskritikers Jamal Khashoggi erklärt habe, sei es nicht getan.

Im Jemen bekämpfen sich seit 2015 die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen und die sunnitisch geprägte Regierung, die von einer Koalition unter saudi-arabischer Führung unterstützt wird. Es gab bereits Tausende Tote durch Gewalt und Hunger.

Insgesamt vermittelten die Zahlen zu den deutschen Rüstungsexporten nicht den Eindruck einer restriktiven Genehmigungspraxis, heißt es im GKKE-Bericht. Im Jahr 2017 erteilte die Regierung Ausfuhrgenehmigungen im Wert von insgesamt 6,2 Milliarden Euro. Das markiert einen Rückgang gegenüber 2016, aber einen Sprung nach oben um fast drei Milliarden Euro in den vergangenen zehn Jahren. Der Anteil der Lieferungen an Drittstaaten stieg dem Bericht zufolge im selben Zeitraum von 34 auf 61 Prozent.

Kritik der Kirchen werde gehört

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Kritik der Kirchen sei nicht neu. Man sei mit zivilgesellschaftlichen Akteuren im Gespräch. Die Bundesregierung betreibe eine "restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik". Jeder einzelne Fall werde nach sorgfältiger Prüfung entschieden. Nach Saudi-Arabien gingen derzeit keine Rüstungsgüter, betonte Seibert: "An diesem Punkt sind wir vermutlich mit den Kritikern im Einklang."

Der GKKE-Bericht, der in Zusammenarbeit mit dem Bonner International Center for Conversion (bicc) erstellt wurde, bemängelt, dass weiterhin mehr als die Hälfte der Ausfuhrgenehmigungen für Lieferungen in Drittstaaten (61 Prozent) erteilt wird, also in Länder, die nicht der Nato oder der EU angehören. Im Jahr 2017 habe die Regierung Rüstungsexporte an 52 Staaten genehmigt, in denen die Menschenrechtslage als sehr schlecht eingestuft werde. Geliefert wurde auch an mehr als 20 Länder, die nach der EU-Übereinkunft für Rüstungsexporte als problematisch eingestuft werden müssten.



Die Präsidentin von "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug Weitzel, sagte mit Blick auf die Ergebnisse des GKKE-Rüstungsexportberichts, der eigentlich festgeschriebene 'Ausnahmefall' von Waffenlieferungen an Drittländer sei "längst zur Regel deutscher Exportpolitik geworden".

Positiv vermerkt der GKKE-Bericht, dass die Exportgenehmigungen für Kleinwaffen an Drittländer im ersten Halbjahr 2018 deutlich zurückgegangen sind. Die Koalition hat angekündigt, den Export von Kleinwaffen in Drittländer ganz zu stoppen.