TV-Tipp: "Polizeiruf 110: Sumpfgebiete" (ARD)

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TV-Tipp: "Polizeiruf 110: Sumpfgebiete" (ARD)
27.11., ARD, 20.15 Uhr: "Polizeiruf 110: Sumpfgebiete"
Hermine Huntgeburth und Kameramann Diethard Prengel erzählen die düstere, aber von großer innerer Spannung erfüllte Geschichte in fahlen Bildern, die oft fast schwarzweiß wirken. Interessant ist auch die leicht angejazzte Musik (Christine Aufderhaar) mit ihren an Miles Davis erinnernden Trompetenpassagen. Überragend wie immer ist Matthias Brandt.

"Nur weil du paranoid bist, heißt das nicht, dass sie nicht hinter dir her sind": Der Spruch wird für Hanns von Meuffels bittere Wirklichkeit. "Sumpfgebiete" erzählt eine von Ferne an die Erlebnisse von Gustl Mollath erinnernde Geschichte, die erneut beweist, welche Möglichkeiten das "Polizeiruf"-Format im Allgemeinen und die Krimis aus München im Speziellen bieten. Wie immer bei den Drehbüchern von Holger Karsten Schmidt (Bearbeitung: Volker Einrauch) spielen auch scheinbar nebensächliche Details eine entscheidende Rolle: Als Meuffels (Matthias Brandt) zu Beginn eine Kollegin anweist, trotz ausstehenden richterlichen Beschlusses eine Wohnung zu verwanzen, kann er nicht ahnen, dass er sich mit diesem Befehl eine Grube gräbt, in der er noch höchst unsanft landen wird. Als es dann dazu kommt, ist ohnehin schon alles zu spät und der Hauptkommissar längst zu einer Figur wie aus einer Kafka-Geschichte geworden.

Die eigentliche Handlung beginnt mit einer unangenehmen Begegnung: Julia Wendt (Judith Engel) wird aus der Psychiatrie entlassen. Dort ist die offenbar gestörte Frau vor Jahren eingewiesen worden, nachdem sie ihren Ehegatten verletzt hatte. Nun beschwört sie Meuffels, der damals gegen sie ausgesagt hatte, ihr zu helfen: Ihr mittlerweile verstorbener Mann, ein Bankmitarbeiter, hatte der Münchener Steuerfahndung eine Liste hochangesehener Mitbürger angeboten, die ihr Geld mit seiner Hilfe ins Ausland verschoben haben. Die Frau ist überzeugt, dass diese Menschen sie umbringen lassen wollen, um sie daran zu hindern, die Liste zu veröffentlichen. Meuffels glaubt ihr genauso wenig wie alle anderen; bis sie vor seinen Augen überfahren wird. Mit letzter Kraft flüstert sie ihm ein Wort zu: Marlene. Endlich beginnt er zu ermitteln. Je mehr Puzzlesteine er zusammenträgt, umso besser versteht er die Frau: Von dem Richter (Thomas Schmauser), der sie in die Psychiatrie geschickt hat, stammt auch die Anweisung an die Steuerfahnder, die Sache nicht weiterzuverfolgen; im Finanzamt ist die Kopie der Liste dann angeblich bei einem Archivbrand zerstört worden. Als auch noch ein leitender LKA-Beamter (Oliver Masucci) ein Verfahren gegen ihn einleitet, wittert Meuffels ähnlich wie zuvor Julia Wendt überall Verrat; spätestens jetzt erinnert die Geschichte lebhaft an Francis Ford Coppolas Observationsklassiker "Der Dialog" (1974).

Held zweifelt an seinem Verstand

Clever konfrontiert das Drehbuch seine Hauptfigur mit einer Vielzahl von Hinweisen, die auf den ersten Blick Meuffels Misstrauen bestätigen, die sich aber auch ganz harmlos erklären ließen, weshalb sein Chef, Alexander Beck (Ulrich Noethen), der ihm ansonsten wohlgesonnen zu sein scheint, skeptisch bleibt. Wie im klassischen Psychothriller beginnt nun auch der Held, an seinem Verstand zu zweifeln, zumal sich die wenigen Beweise, mit denen er Beck überzeugen könnte, regelmäßig in Luft auflösen. Trotzdem ist sich Meuffels sicher, dass er überwacht wird und seine Wohnung verwanzt ist. Schließlich bekommt er die Bestätigung für seine Vermutung, von Feinden umzingelt zu sein. Als er zufällig entdeckt, was den Richter, den LKA-Beamten, die Anstaltspsychiaterin und auch den Mann, der Julia Wendt überfahren hat, miteinander verbindet, sieht er nur eine Möglichkeit, die Wahrheit ans Licht zu bringen: Er muss denselben Weg gehen wie die Frau, um herauszufinden, was sich hinter dem Schlüsselwort "Marlene" verbirgt.

Hermine Huntgeburth und Kameramann Diethard Prengel erzählen die düstere, aber von großer innerer Spannung erfüllte Geschichte in fahlen Bildern, die oft fast schwarzweiß wirken. Interessant ist auch die leicht angejazzte Musik (Christine Aufderhaar) mit ihren an Miles Davis erinnernden Trompetenpassagen. Überragend wie immer ist Matthias Brandt. Sein Spiel sorgt dafür, dass man sich nie sicher sein kann, ob der mehr und mehr wie besessen wirkende Meuffels nicht gegen Windmühlen kämpft. Gerade weil Brandts Verkörperung dieses schließlich nur noch aus Misstrauen bestehenden Ermittlers so glaubwürdig ist, wirkt der Schluss allerdings fast wie ein Verrat an der Figur.