Einkommenskluft wächst schneller als amtlich ausgewiesen

Einkommenskluft wächst schneller als amtlich ausgewiesen
Die Einkommenskluft zwischen Arm und Reich in Deutschland wächst nach Recherchen des ARD-Magazins "Monitor" schneller, als es amtliche Statistiken ausweisen.

Köln, Berlin (epd). Wie "Monitor" am Donnerstag vorab meldete, sind die Einkommen von Geschäftsführern zwischen 1997 und 2014 um 42 Prozent gestiegen. Die Einkommen von Vorständen legten um 59 Prozent zu, die von Dax-Vorständen sogar um 186 Prozent. Im Vergleich seien die Einkommen von Durchschnittsverdienern im selben Zeitraum nur um 15 Prozent gestiegen.

Ministerium: Offizielle Daten zum Reichtum nicht repräsentativ

Das Bundesarbeitsministerium, das gegenwärtig den 5. Armuts- und Reichtumsbericht erarbeiten lässt, bestätigte, dass die aus Stichproben-Erhebungen gewonnenen amtlichen Daten zu hohen Einkommen und Vermögen nicht repräsentativ seien. Das Problem sei bekannt und werde im neuen Armutsbericht zum Thema gemacht, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Der Bericht werde Ende 2016 oder Anfang 2017 vorgelegt.

Das ARD-Magazin "Monitor" beruft sich auf Einkommenserhebungen bei Spitzenverdienern aus mehr als 1.300 Firmen durch die Unternehmensberatung Kienbaum. Die Zahlen gäben deutliche Hinweise darauf, dass die offiziellen Erhebungen die Einkommen von Spitzenverdienern zu niedrig einschätzen.

Im Schnitt 500.000 Euro Jahreseinkommen

So habe das durchschnittliche Einkommen von Geschäftsführern und Vorständen laut den Kienbaum-Daten im Jahr 2013 bei rund 500.000 Euro gelegen. Das sogenannte Sozioökonomische Panel (SOEP) weise hingegen aus, dass das oberste Prozent im selben Jahr im Schnitt nur rund 200.000 Euro verdient hat.

Die Daten des SOEP sind eine der statistischen Grundlagen für den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Weitere amtliche Erhebungen sind die Statistik der EU über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC), die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) und der Mikrozensus des Statistischen Bundesamts.

Soziale Ungleichheit wächst

Laut Arbeitsministerium soll die unzureichende Daten- und Erkenntnislage über den privaten Reichtum im 5. Armutsbericht umfassend beleuchtet werden. Dabei würden neue Studien und neue Modellrechnungen einbezogen, um das Ausmaß des Problems abschätzen zu können.

Aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am Donnerstag in Gütersloh veröffentlicht wurde, geht hervor, dass Deutschland bei der Armutsbekämpfung zwar erfolgreich ist, zugleich aber nicht verhindert, dass die soziale Ungleichheit weiter wächst. So verdienten die einkommensstärksten zehn Prozent der Bevölkerung mehr als die unteren 40 Prozent zusammen, heißt es in der Ländervergleichsstudie über nachhaltige Entwicklung und die Bekämpfung der Armut, in der Deutschland hinter den Skandinaviern und der Schweiz den sechsten Platz belegt.

Bofinger: Einkommenssteuer erhöhen

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger forderte im "Monitor"-Beitrag, die Steuern auf hohe Einkommen zu erhöhen. "Aus meiner Sicht würde es naheliegen, wieder zu den Steuersätzen zurückzukehren, die wir in den 90er Jahren hatten. Und das war ein Spitzensteuersatz in der Einkommenssteuer von 53 Prozent", sagte er. Derzeit liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent, auf die ab einer bestimmten Einkommenshöhe drei Prozentpunkte sogenannte Reichensteuer hinzugerechnet werden.