Kunstsammler Marzona schenkt Dresden Archiv der Avantgarden

Kunstsammler Marzona schenkt Dresden Archiv der Avantgarden
Ein hochkarätiges Geschenk für Sachsen: Kunstsammler Egidio Marzona vermacht Dresden sein Archiv der Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Er versteht es auch als politisches Signal.

Dresden (epd). Übergabe eines Lebenswerkes: Der Deutsch-Italiener Egidio Marzona schenkt Dresden sein Archiv der Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Die Sammlung mit rund 1,5 Millionen Objekten werde im barocken Blockhaus der Elbestadt seinen angestammten Platz finden, verkündete Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) am Mittwoch in der Elbestadt. Das Gebäude gegenüber vom Schloss auf der Neustädter Elbseite soll bis 2019 für rund 20 Millionen Euro saniert werden. Unter anderem wird es hochwasserfest gemacht.

Für die Öffentlichkeit zugänglich

Verantwortlich für das seit Ende der 60er Jahre angelegte Archiv werden künftig die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sein. Für Marzona sind sie der ideale Ort, um seine bisher in verschiedenen Städten untergebrachte Avantgarde-Sammlung zusammenzuführen. "Ich möchte das Archiv neu erfinden, das heißt öffnen", sagte er. Nach seinen Angaben enthält es neben klassischen Archivalien wie Briefen, Plakaten und anderen Dokumenten auch eine Reihe von Kunstwerken, darunter Arbeiten von Max Ernst und Pablo Picasso.

"Mir fällt heute eine große Last von den Schultern", sagte Marzona bei seinem Besuch in Dresden. Viele der Künstler habe er persönlich gekannt. Er fühle sich verantwortlich, "diese Dinge an einen richtigen Ort zu führen". Am neuen Standort soll das Archiv wissenschaftlich erschlossen sowie öffentlich zugänglich und präsentiert werden.

Natürlich sei es auch eine politische Entscheidung, sagte Marzona. "Einige Irregeleitete haben diese Stadt in Verruf gebracht." Das habe ihn aber nicht abgeschreckt. Er wolle das Dresdner Bürgertum unterstützen, sich weiter für ihre Stadt zu engagieren.

Marzona hatte bereits 2014 Kunst der 60er und 70er Jahre sowie Archivalien an Berliner Museen verschenkt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erklärte zu der Schenkung nach Dresden: Das sei keine Konkurrenz für Berlin, "sondern eine Bereicherung für die Kulturnation Deutschland". Ein Kooperationsvereinbarung zwischen den staatlichen Museen in Berlin und Dresden sichere zudem die Zugänglichkeit der Forschung. Beide Städte profitierten damit "gleichermaßen von der Großzügigkeit des Sammlers".

"Historischer Glücksfall"

Tillich würdigte die "einzigartige Sammlung" als einen großen Gewinn für Sachsen und Dresden. Der Regierungschef bedankte sich für Vertrauen, dass der Mäzen dem Freistaat entgegenbringt, wenn er "sein Lebenswerk aus den Händen gibt". Mit der Sammlung werde eine jahrzehntelange Lücke geschlossen. Gespräche zur Übernahme des Archivs hatte der frühere Generaldirektor der Dresdner Kunstsammlungen, Hartwig Fischer, begonnen, der inzwischen ans British Museum in London wechselte.

Für Dresden sei die Schenkung ein "historischer Glücksfall", sagte die designierte neue Generaldirektorin Marion Ackermann. Die Expertin für Kunst des 20. Jahrhunderts erinnerte an Reformbewegungen wie die Künstlervereinigung "Brücke" und die Neue Sachlichkeit. Damit habe die Kunst im 20. Jahrhundert in Dresden "mit avantgardistischer Kraft begonnen", sagte sie. Dresden sollte das Archiv "als Matrix nutzen, um eine abgebrochene Tradition wieder aufzunehmen".

Der 1944 in Bielefeld geborene Marzona gilt als einer der international bedeutendsten Sammler der Kunst des 20. Jahrhunderts. Der Wert des Archivs für Dresden wird auf rund 120 Millionen Euro geschätzt. Der Schenkungsvertrag mit dem Freistaat Sachsen sei "besiegelt, aber noch nicht beurkundet", sagte er.