Gesetz über sichere Herkunftsstaaten droht zu scheitern

Gesetz über sichere Herkunftsstaaten droht zu scheitern
Marokko, Tunesien und Algerien zu sicheren Staaten zu erklären, stößt weiter auf vehemente Kritik. Zu den Gegnern gehören die Grünen, die das Gesetz am Freitag im Bundesrat offenbar zum Scheitern bringen wollen.

Berlin (epd). Die von der großen Koalition geplante Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten droht zu scheitern. Vor der Abstimmung über die Asylrechtsverschärfung im Bundesrat sagte die Grünen-Parteichefin Simone Peter der "Saarbrücker Zeitung" (Montagsausgabe): "Es gibt keine Bereitschaft für einen Deal." Sie gehe davon aus, dass die Länder nicht zustimmen werden. Für eine Mehrheit in der Länderkammer müssten mindestens drei Regierungen mit Beteiligung der Grünen für das Gesetz stimmen.

Die Koalition will die nordafrikanischen Staaten Algerien, Marokko und Tunesien als sicher einstufen. Mit einem entsprechenden Gesetz könnten Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern leichter abgelehnt und Antragsteller schneller zurückgeschickt werden. Der Bundestag hat die Regelung bereits verabschiedet. Ohne Zustimmung der Länder kann sie aber nicht inkraft treten.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Pläne scharf. Am Montag wandten sich Amnesty International und Pro Asyl in einem offenen Brief an die Ministerpräsidenten und forderten sie zu einem Nein im Bundesrat auf. Algerien, Marokko und Tunesien seien keine sicheren Länder. Die Menschenrechte würden dort nicht eingehalten. Beide Organisationen verwiesen wiederholt auf Folter, Verfolgung Homosexueller und mangelnden Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt in allen drei Ländern.

Abstimmungsverhalten wird beschlossen

"Deutschland darf nicht aus innenpolitischem Kalkül schwere Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern klein reden und ignorieren", heißt es in dem Brief. Den Bundesländern komme die Aufgabe eines "rechtsstaatlichen Korrektivs" zu.

Selten war eine Abstimmung im Bundesrat so spannend wie die bevorstehende: Regierungen von CDU und SPD haben in der Länderkammer zusammen mit dem CSU-geführten Bayern 20 der 69 Stimmen. Sie werden sich aller Voraussicht nach für das Gesetz aussprechen. Für die notwendige Mehrheit von 35 Stimmen müssten aber auch Länder mit Regierungsbeteiligung der Grünen zustimmen. Am wahrscheinlichsten gilt das dort, wo die Grünen mit der CDU zusammen regieren - in Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen-Anhalt, die gemeinsam exakt die 15 zusätzlichen Stimmen hätten.

Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) sagte der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" am Wochenende, ihr Land werde sich enthalten. In vielen Ländern stimmen die Regierungen in den Kabinettssitzungen dieser Woche das Abstimmungsverhalten ab.

Bundesregierung äußert sich gelassen

Die Bundesregierung äußerte sich am Montag trotz des drohenden Scheiterns des Gesetzes gelassen. Es gebe nach wie vor die Hoffnung, dass es bis zur Bundesratssitzung zu einer Einigung komme, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin. Es gebe weiter keinen Zweifel daran, dass die drei nordafrikanischen Staaten die Voraussetzungen erfüllten, um als sicher eingestuft zu werden.

Zu konkreten Verhandlungen vor der Bundesratssitzung äußerte sich Streiter nicht. Unmittelbar vor dem Bundesrat am Freitag sind für Donnerstag eine Ministerpräsidentenkonferenz sowie ein Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Regierungschefs der Länder geplant.

Die Zahl der Einreisen vor allem von Marokkanern und Algeriern war im vergangenen Jahr stark angestiegen, ist aber in den ersten Monaten dieses Jahres wieder gesunken. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums waren Ende April rund 7.300 der insgesamt 128.000 in Deutschland lebenden Marokkaner, Algerier und Tunesier ausreisepflichtig. Etwa 4.700 von ihnen haben eine Duldung.