Suchtbericht: Regierung will weiter gegen Tabakkonsum vorgehen

Suchtbericht: Regierung will weiter gegen Tabakkonsum vorgehen
Zwar rauchen sehr viel weniger junge Menschen als vor 15 Jahren. Aber Drogenbeauftragte Marlene Mortler will weiter gegen Tabakkonsum kämpfen. Auch Alkohol und Drogen bleiben große Probleme.

Berlin (epd). Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), will trotz einiger Fortschritte in den vergangenen Jahren im Kampf gegen das Rauchen nicht nachlassen. "Wir müssen verhindern, dass Jugendliche überhaupt zur Zigarette greifen", sagte Mortler bei der Vorstellung des Drogen- und Suchtberichts 2016 am Donnerstag in Berlin.

"Bei 120.000 Tabaktoten im Jahr hört der Spaß auf"

Die Bundesregierung hatte im April ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Tabakwerbung ab 2020 auf Plakatwänden und Litfaßsäulen verbieten soll. Wie bei den Bildwarnhinweisen auf Zigarettenpackungen habe es auch um dieses Gesetz einen sehr harten Kampf gegeben, sagte die Drogenbeauftragte. Sie habe selten erlebt, dass eine Lobby so präsent sei. "Bei 120.000 Tabaktoten im Jahr hört der Spaß auf", betonte Mortler. Das Rauchen ist dem Bericht zufolge in den Industrienationen das bedeutendste einzelne Gesundheitsrisiko und die führende Ursache vorzeitiger Sterblichkeit.

Laut Bericht hat das Rauchen jedoch gerade bei jungen Menschen seit 2001 deutlich abgenommen. Rauchten damals noch 27,5 Prozent aller 18- bis 25-Jährigen, waren es 2015 nur noch 7,8 Prozent. Die Tabakbranche gebe aber im Jahr fast 200 Millionen Euro aus, um neue Kunden zu gewinnen, erklärte die CSU-Politikerin. "Das übersteigt unsere Präventionsmittel." Insgesamt rauchen 26,6 Prozent aller Frauen und 32,6 Prozent aller Männer in Deutschland.

Bis zu 74.000 Alkoholtote im Jahr

Auch der Alkoholkonsum ist weiterhin ein großes Problem. Schätzungen zufolge sterben in der Bundesrepublik jährlich zwischen 42.000 und 74.000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholkonsums, heißt es im Drogen- und Suchtbericht. Allerdings zeigten Präventionsmaßnahmen der Bundesregierung Wirkung, erklärte die Drogenbeauftragte am Donnerstag. So sei bezogen auf die Gesamtbevölkerung der jährliche Pro-Kopf-Konsum von 12,9 Litern Alkohol im Jahr 1980 bis heute um rund drei Liter gesunken.

Auch jugendliches Rauschtrinken nehme ab, sagte Mortler. Dennoch sei sie unzufrieden damit, "wie wenig Aufwand Länder und Kommunen darauf verwenden, die Regeln des Jugendschutzgesetzes beim Verkauf von Alkohol durchzusetzen". Pro Jahr gebe es immer noch mehr als 15.000 Krankenhauseinweisungen aufgrund von Alkoholvergiftungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren.

Vor der am Freitag beginnenden Fußball-Europameisterschaft rief Mortler zum Feiern ohne Alkohol auf. "Auch beim Feiern mit unserer Mannschaft geht's alkoholfrei fröhlich zu." Viel zu häufig würden die Risiken des Alkohols in der Gesellschaft verharmlost, und Erwachsene seien nicht immer gute Vorbilder für die Jugend.

Zahl der Drogenopfer steigt

Angesichts von rund 75.000 Deutschen, die von illegalen Drogen abhängig sind, wolle sie den Zugang zu Substitutionstherapien für Abhängige von Substanzen wie Heroin, Kokain oder Cannabis verbessern, sagte die Drogenbeauftragte. 2015 verzeichnete die Kriminalstatistik 1.126 Drogentote in Deutschland. Die Zahl ist damit im dritten Jahr in Folge gestiegen.

Suchtexperten und Fachverbände hatten im Alternativen Drogen- und Suchtbericht Anfang der Woche einen Kurswechsel von der Regierung gefordert. Nötig sei unter anderem eine staatlich kontrollierte Abgabe von bisher illegalen Substanzen wie Cannabis. Mortler sprach sich am Donnerstag erneut gegen die Legalisierung von Cannabis außerhalb des medizinischen Gebrauchs aus.

Dieses Jahr will sich die Drogenbeauftragte besonders der Internetabhängigkeit widmen. Experten gingen von bis zu einer Million Menschen in Deutschland aus, die süchtig nach sozialen Netzwerken oder Computerspielen sind, sagte Mortler. "Allein 16 Prozent der Neuntklässler verbringen 4,5 Stunden oder länger am Tag am PC." Dies könne zu Vereinsamung, Verwahrlosung und dem Abkoppeln von der Realität führen.