Widerstand gegen Arzneitests an Demenzkranken wächst

Widerstand gegen Arzneitests an Demenzkranken wächst
In einem Gesetzentwurf plant Gesundheitsminister Gröhe, Arzneitests an Demenzpatienten zu ermöglichen. Das Vorhaben stößt einem Medienbericht zufolge in der Unionsfraktion auf Widerstand. Auch Bundestagsvizepräsidentin Schmidt kritisiert die Pläne.

Berlin (epd). Die geplanten Arzneitests an Demenzpatienten stehen offenbar auf der Kippe. Der Berliner "Tagesspiegel" berichtete am Donnerstag über massive Widerstände innerhalb der Unionsfraktion. Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt (SPD) stellte sich ebenfalls vehement gegen die Pläne des Gesundheitsministeriums. "Menschen mit geistiger Beeinträchtigung dürfen keine Versuchskaninchen für die Pharmaindustrie werden", sagte die frühere Gesundheitsministerin der "Berliner Zeitung" (Donnerstagsausgabe).

Ihm sei von der Fraktionsführung signalisiert worden, "dass es Abstriche am Patientenschutz nicht geben wird", sagte der zuständige Berichterstatter der Unionsfraktion und frühere Behindertenbeauftragte der Regierung, Hubert Hüppe (CDU), dem "Tagesspiegel". Die Unions-Familienpolitiker lehnten Gesundheitsminister Hermann Gröhes (CDU) Vorhaben einstimmig ab. Nach Gröhes Gesetzentwurf sollen klinische Tests möglich sein, wenn die Betroffenen vor dem Ausbruch ihrer Krankheit eine entsprechende Patientenverfügung abgegeben haben.

Am Donnerstag wollte das Ministerium den Gesetzentwurf erneut mit den Berichterstattern beider Fraktionen erörtern. In einer Woche könnte das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher Vorschriften dann vom Bundestag beschlossen werden - mit oder ohne die umstrittenen Passagen. Kleinere Änderungen hat das Ministerium bereits akzeptiert. Allerdings beharrt Gröhe weiter darauf, auch Arzneitests an Nichteinwilligungsfähigen zu ermöglichen, von denen diese selber keinen Nutzen haben. Bisher sind solche Studien in Deutschland verboten.

Ulla Schmidt: Pläne "brandgefährlich"

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sei bei der jüngsten Sitzung des Fraktionsvorstands sehr energisch geworden, berichtete der "Tagesspiegel". Man werde beim Lebensschutz "keinen Zentimeter zurückweichen", zitierte das Blatt den CDU-Politiker. Gerade CDU und CSU stünden hier "in besonderer ethischer Verantwortung", sagte der familienpolitische Sprecher der Fraktion, Marcus Weinberg, der Zeitung. Der Staat habe diejenigen zu schützen, die dies selber nicht mehr könnten.

Ulla Schmidt kritisierte das Vorhaben als Verletzung der Menschenwürde. Wenn die Bedingungen für klinische Tests weiter aufgeweicht würden, wäre dies ein gefährlicher Dammbruch. Was Gesundheitsminister Gröhe plane, sei daher "brandgefährlich". "Ich kann nur hoffen, dass sich hier die Vernunft durchsetzt und der Bundestag am Ende alles beim Alten lässt", betonte Schmidt, die auch Vorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe ist.

Bei klinischen Studien müssten die Teilnehmer sehr genau über Zweck, Inhalt und Risiken aufgeklärt werden, erklärte die SPD-Politikerin. Nach den Plänen der Koalition solle es aber möglich sein, vorab in einer Patientenverfügung eine Art Generalvollmacht für Versuche zu geben. Dabei könne man zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen, worum es bei den Tests einmal genau gehen wird und welche Risiken bestehen, argumentierte sie.