Empörung über die AfD

Empörung über die AfD
Der im ersten Grundsatzprogramm der AfD festgeschriebene Anti-Islam-Kurs stößt einhellig auf Widerstand. Von einer Spaltung der Gesellschaft und einem Angriff auf das Grundgesetz ist die Rede.

Frankfurt a.M. (epd) Der von der AfD festgeschriebene Anti-Islam-Kurs erntet scharfe Kritik. Spitzenpolitiker der etablierten Parteien wiesen Forderungen nach einem Verbot von Minaretten, Muezzinrufen und Vollverschleierungen am Montag einhellig zurück. Auch Repräsentanten der etwa vier Millionen in Deutschland lebenden Muslime sowie der evangelischen Kirche und des Judentums äußerten sich empört.

AfD für ein Verbot der Burka

Im ersten AfD-Grundsatzprogramm heißt es: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." Minarette und Muezzinrufe werden abgelehnt, zudem setzt sich die AfD für ein Verbot von Burka (Ganzkörperschleier) und Niqab (Gesichtsschleier) in der Öffentlichkeit und im öffentlichen Dienst ein.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Partei grenze "ohne irgendeine Differenzierung" eine gesamte Religionsgemeinschaft aus: "Die AfD spaltet die Gesellschaft."

Die türkisch-islamische Organisation Ditib sieht in dem Grundsatzprogramm der Alternative für Deutschland (AfD) einen "Angriff auf das Grundgesetz". Die AfD wolle die freiheitlich-demokratische Werteordnung "quasi abschaffen", sagte der Koordinator der Ditib-Landesverbände, Murat Kayman, dem epd. Die Ditib ist organisatorisch eng mit der staatlichen Religionsbehörde in der Türkei verbunden und bildet mit Islamrat, dem Verband der islamischen Kulturzentren und dem Zentralrat der Muslime in Deutschland den Koordinationsrat der Muslime.

"Klare Kante" gegen Fundamentalismus

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montagsausgabe), ein solch islamfeindliches Programm spalte das Land. Ein Minarett-Verbot beseitige weder soziale Ungerechtigkeiten noch löse es Rentenprobleme.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte dem Nachrichtsender NDR info, die AfD-Positionen seien "mit christlichen Grundorientierungen nicht vereinbar". Hetze gegen Menschen sei nicht zu akzeptieren. Die evangelische Kirche werde gemeinsam mit anderen Religionsgemeinschaften "klare Kante" gegen jede Form von Fundamentalismus zeigen. Der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms sagte dem epd, mit ihren Pauschalierungen leiste die AfD Vorschub für Fremdenfeindlichkeit.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte, die Beschlüsse der AfD hätten die religionsfeindliche Haltung der Partei "glasklar deutlich gemacht". "Damit verlässt die AfD den Boden unseres Grundgesetzes", sagte er.

Freie Ausübung der Religion

Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland wies den Vorwurf zurück, seine Partei wolle die Religionsfreiheit beschränken. Das Minarett und der Ruf des Muezzins seien Ausdruck eines "politischen Anspruchs an die Gesellschaft, den wir nicht haben wollen und den wir natürlich nicht teilen", sagte Gauland am Montag im Deutschlandfunk zu den Parteitagsbeschlüssen vom Wochenende: "Das hat nichts damit zu tun, dass ein Moslem in Deutschland seinem Glauben nachgehen kann."

Der Publizist Michel Friedman, ehemals Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, bekräftigte indes den Vorwurf, die AfD wolle die freie Ausübung der Religionen behindern. Genau so wie ein Turm eine Kirche schmücken dürfe, dürfe auch ein Minarett eine Moschee schmücken. Friedman warf der AfD "geistige Hetze" vor. "Die Wölfe im Schafspelz haben ihren Schafspelz ausgezogen", sagte er am Montag im Deutschlandfunk.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte dem Fernsehsender Phoenix zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der AfD, er halte eine Koalition für "völlig ausgeschlossen". Das Programm sei "durch viel Demagogie gekennzeichnet". "Und Demagogen läuft man als Demokrat nicht nach", sagte Tauber. Im März hatte die AfD bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt jeweils zweistellige Ergebnisse erzielt.

Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, kündigte in der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Montagsausgabe) Widerstand gegen die politischen Ziele der rechtspopulistischen Partei an: "Einer solch reaktionären Politik der AfD werden wir uns offensiv entgegenstellen - und letztlich die Hilflosigkeit ihrer Vorschläge entlarven." Die religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christine Buchholz, erklärte in Berlin: "Nicht Minarette, Muezzin-Rufe oder Schleier sind das Problem in Deutschland, sondern soziale Ungerechtigkeit, Rassismus und bestehende Diskriminierung."