Offenbar neuer Luftangriff auf Klinik in Aleppo

Offenbar neuer Luftangriff auf Klinik in Aleppo
Steinmeier und Ban Ki Moon verurteilen Bombardierung
In Syrien wird eine erneute Eskalation der Gewalt befürchtet. Offenbar wurde am Freitag zum zweiten Mal in einer Woche eine Klinik in Aleppo bombardiert - trotz weltweiter Appelle, die Waffenruhe einzuhalten.

Im syrischen Aleppo ist am Freitag offenbar erneut eine Klinik bombardiert worden. Der arabische Sender Al Dschasira berichtete unter Berufung auf den syrischen Katastrophenschutz, bei dem Luftangriff in einem von Rebellen kontrollierten Teil Aleppos seien mehrere Menschen verletzt worden. In einigen Berichten ist auch von Toten die Rede. Erst in der Nacht zum Donnerstag war bei einem Luftangriff die Al-Kuds-Klinik in Aleppo völlig zerstört worden. Dabei wurden mindestens 14 Menschen getötet, darunter der letzte Kinderarzt der Stadt. Die Zahl der Toten könnte auf 30 steigen.

Die Vereinten Nationen und die Bundesregierung verurteilten den Luftangriff auf die Al-Kuds-Klinik mit scharfen Worten. "Nahezu täglich erreichen uns mittlerweile Berichte über immer schwerere und brutalere Verstöße gegen die Waffenruhe, vor allem vonseiten des Regimes", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Freitag. "Diese Eskalation gefährdet den politischen Prozess", warnte er. Angriffe gegen zivile Einrichtungen, insbesondere gegen Krankenhäuser, Ärzte und Sanitätspersonal verstießen gegen grundlegende Normen des humanitären Völkerrechts.

UN-Hochkommissar: "Monströse" Taten

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einem unentschuldbaren Verbrechen. Die Verantwortlichen für den Angriff auf die Al-Kuds-Klinik müssten bestraft werden. Ban und Steinmeier ermahnten die syrischen Bürgerkriegsparteien eindringlich, die im Februar vereinbarte, aber vielfach gebrochene Waffenruhe einzuhalten. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra'ad al Hussein, verurteilte die jüngsten Angriffe auf zivile Ziele in Syrien als "monströse" Taten. Alle Konfliktparteien zeigten eine Missachtung des Lebens, betonte der UN-Hochkommissar am Freitag in Genf.

Seid warnte vor einer Eskalation der militärischen Konfrontationen in Syrien. Hilfsorganisationen befürchten, dass die Armee von Präsident Baschar al-Assad eine Offensive in Aleppo plant, um die ganze Stadt unter Kontrolle zu bekommen. Nach Angaben der Beobachtungsstelle für Menschenrechte in Syrien mit Sitz in London wurden in den vergangenen acht Tagen mehr als 200 Zivilisten bei Bombardierungen rund um Aleppo getötet. Es wird vermutet, dass die syrische Luftwaffe die Angriffe geflogen hat.

Steinmeier appellierte besonders an das Assad-Regime, die Waffen ruhen zu lassen. "Die syrische Regierung muss sich entscheiden: Will sie sich ernsthaft an Verhandlungen beteiligen oder will sie weiter ihr eigenes Land in Schutt und Asche legen?", betonte der Minister. Am Mittwoch waren von den UN vermittelte Gespräche zur Beilegung des Syrien-Konflikts in Genf ohne Ergebnis zu Ende gegangen.

"Ärzte ohne Grenzen" vermutet, dass der Luftangriff auf die von der Nothilfeorganisation unterstützte Al-Kuds-Klinik gezielt erfolgt ist. Zum Zeitpunkt der Bombardierung seien in der 34-Betten-Klinik Dutzende Menschen behandelt worden, die bei Angriffen auf zwei Gebäude in der Nachbarschaft kurz zuvor verletzt worden seien, sagte "Ärzte-ohne-Grenzen"-Sprecherin Lena Langbein in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd).

In diesem Jahr wurden bereits viele Kliniken in Syrien bombardiert, darunter elf, die von "Ärzte ohne Grenzen" unterstützt wurden. Die Nothilfeorganisation hat zusammen mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz dem Weltsicherheitsrat eine Resolution vorgelegt, um den Schutz medizinischer Einrichtungen in Kriegsgebieten zu verstärken. Der Sicherheitsrat will sich am Dienstag damit befassen.

Der Konflikt in Syrien begann vor fünf Jahren. Das Assad-Regime, die bewaffnete Opposition und Terroristen kämpfen um die Macht. Nach Schätzungen wurden bislang 270.000 Menschen getötet. Millionen Syrer sind auf der Flucht.