EU will sich in Flüchtlingskrise von Türkei nicht erpressen lassen

EU will sich in Flüchtlingskrise von Türkei nicht erpressen lassen
Timmermanns: «Türkei braucht uns mehr als wir sie»
Nicht nur über die Pressefreiheit, auch über andere Themen wird zwischen Brüssel und Ankara gestritten. Die Türkei hat im Flüchtlingspakt vom März eine Beschleunigung der Visaliberalisierung erreicht - die EU pocht auf die Erfüllung der Bedingungen.

Brüssel (epd) Die EU-Kommission will sich in der Flüchtlingskrise von der Türkei nicht erpressen lassen. Die Europäische Union sei "sicher nicht" erpressbar, sagte der Vizepräsident der Kommission, Frans Timmermans, der Wochenzeitung "Die Zeit". Die Türkei hatte laut Presseberichten damit gedroht, den Flüchtlingspakt mit der EU platzen zu lassen, falls die EU die Visumspflicht für türkische Staatsbürger nicht aufhebe.

Timmermans entgegnete: "Die Vereinbarung, die wir mit den Türken auf ihren Wunsch hin getroffen haben, bestand darin, den bereits zuvor begonnenen Prozess hin zum visafreien Reisen für türkische Bürger zu beschleunigen. Um aber dahin zu gelangen, gibt es klare Anforderungen, die die Türkei erfüllen muss. Die Türkei ist jetzt am Zug." Er glaube, "dass die Türkei uns letztlich mehr braucht als wir sie", sagte der Niederländer.

Ähnlich äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. "Wenn alle Kriterien erfüllt sind, wird es eine Empfehlung in diesem Sinne geben", sagte sie mit Blick auf die von der EU-Kommission erwartete Stellungnahme, ob die Visumspflicht für Türken aufgehoben werden soll. "Wenn das nicht der Fall ist, dann wird das natürlich nicht passieren", sagte Mogherini am Mittwoch auf die Frage eines Journalisten bei einer Pressekonferenz in Brüssel.

An 72 Bedingungen geknüpft

Die EU und die Türkei hatten am 18. März ein Abkommen zur Lösung der Flüchtlingskrise geschlossen. Danach nimmt die Türkei alle irregulären Migranten und Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurück, wenn sie in der EU kein Asyl bekommen. Im Gegenzug wurde unter anderem eine Beschleunigung des Prozesses vereinbart, der türkischen Bürgern ab dem Sommer visafreie Reisen in die EU erlauben soll.

Die Visaliberalisierung war schon vor dem Flüchtlingspakt geplant gewesen, war und ist aber an insgesamt 72 Bedingungen geknüpft, die die Türkei erfüllen muss. Darunter ist zum Beispiel die Einführung modernerer, fälschungsichererer Pässe für ihre Staatsbürger, die Umsetzung eines Aktionsplans gegen das organisierte Verbrechen, die bessere Integration von Flüchtlingen und die Anpassung der Anti-Terror-Gesetzgebung an menschenrechtliche Standards.

Die EU-Kommission will dem Vernehmen nach am 4. Mai einen Bericht vorlegen, in dem sie den EU-Staaten die Aufhebung der Visumspflicht empfiehlt oder nicht empfiehlt. Mogherini machte am Mittwoch klar, dass die Türkei bisher immerhin Fortschritte erzielt habe. Es sei nun an den türkischen Behörden, "so weiterzuarbeiten, wie sie es in diesen vergangenen Wochen getan haben in einer, wie ich sagen würde, sehr engagierten Weise", sagte die Italienerin.