Transatlantischer Zankapfel

Transatlantischer Zankapfel
Beim Besuch von US-Präsident Obama am Wochenende in Hannover wird TTIP Thema sein. Das geplante Handelsabkommen zwischen EU und USA ist umstritten. Befürworter und Kritiker nennen oft dieselben Punkte - beurteilen die Folgen aber gegensätzlich.
21.04.2016
epd
Von Phillipp Saure (epd)

Brüssel (epd)

Pro

Wirtschaft und Soziales: Die Befürworter argumentieren, dass der Pakt zwischen den beiden größten Wirtschaftsblöcken der Welt die Konjunktur anschiebt. Davon würden viele profitieren. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) etwa verweist darauf, dass der Abbau von Handelsschranken Jobs im Exportland Deutschland sichern hilft. Was Sozialstandards angeht, machen Interessenverbände geltend, dass hohe Standards ohnehin auf beiden Seiten des Atlantiks gelten.

Investorenschutz und Schiedsgerichte: Der Investorenschutz ist ein Hauptstreitpunkt bei TTIP. Fest steht bereits, dass das System reformiert wird. Anstelle der bisherigen Schiedsgerichte hat die EU-Kommission sogenannte Investitionsgerichte vorgeschlagen. Deren Richter würden öffentlich ernannt und es würde eine Berufungsinstanz eingeführt. Generell gilt für TTIP-Befürworter wie den CDU-Europaparlamentarier Daniel Caspary, dass sich der Investorenschutz durch spezielle Gerichte bewährt hat und deshalb beibehalten werden sollte. "Ich habe keine Lust, dass unseren deutschen Unternehmen künftig einfach irgendwo auf der Welt eine Produktion abgenommen werden kann. Wir müssen sie vor staatlicher Willkür sichern."

Transparenz und Demokratie: Jedermann kann heute eine Vielzahl von Dokumenten zu TTIP im Internet lesen. Und im Januar 2015 veröffentlichte die Kommission erstmals überhaupt in einem derartigen Prozess konkrete Textvorschläge aus den Verhandlungen. Öffentlich ist auch das europäische TTIP-Mandat, also der von den EU-Regierungen abgesteckte Rahmen. Und egal was verhandelt wird: Am Ende kann das Europaparlament mit seinem Votum den Vertrag kippen.

Auswirkungen auf den Welthandel: Irgendjemand wird die Regeln des Welthandels bestimmen - wenn nicht die USA und Europa, dann zum Beispiel China und andere Mächte, sagen TTIP-Befürworter. Daher sollten USA und Europa die Möglichkeit nutzen, mit TTIP sozusagen einen "Gold-Standard" zu setzen, wie es die US-Handelskammer ausgedrückt hat.

Kontra

Wirtschaft und Soziales: "Unsere Erfahrung besagt, dass ein Mehr an Wettbewerb den Druck auf Löhne und Standards erhöht, beispielsweise bei Arbeitnehmerinnenrechten, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz", sagt Tanja Buzek von ver.di. Auch die in TTIP vorgesehene Beteiligung von Interessenträgern bei künftigen Regeln, die den Handel betreffen könnten, sieht Buzek skeptisch. In einem solchen Prozess würde sich "Big Business" wegen seiner größeren Ressourcen am stärksten durchsetzen, fürchtet sie.

Investorenschutz und Schiedsgerichte: Selbst wenn das System der Schiedsgerichte reformiert wird: Generell bleibt es dabei, dass Unternehmen besondere Möglichkeiten zusätzlich zum normalen Rechtsweg haben. "Ausländische Investoren behalten ihre Extraklagerechte", urteilt die Grünen-Europaabgeordnete Ska Keller.

Transparenz und Demokratie: Nicht alle Textvorschläge der EU sind veröffentlicht worden. Davon abgesehen gibt es noch die konsolidierten Vertragstexte, aus denen sowohl die Position der EU wie der USA hervorgehen. Sie sind nur für sehr beschränkte Personengruppen einsehbar, in Deutschland etwa für Mitglieder des Bundestages und des Bundesrates. Und selbst diese dürfen die Texte nur in einem speziellen Leseraum des Bundeswirtschaftsministeriums konsultieren. Da sie dort keine Kopien machen oder Mitarbeiter mitbringen dürfen, um die hochkomplexen Dokumente zu verstehen, ist letztlich auch die demokratische Kontrolle des Vertrages begrenzt.

Auswirkungen auf den Welthandel: Wenn zwei sich einigen, schadet es dem Dritten - etwa so hat der der Bund der Afrikanischen, Karibischen und Pazifischen Staaten (AKP) den TTIP-Vertrag beurteilt. Die AKP-Staaten sind Entwicklungsländer und häufig frühere europäische Kolonien, daher pflegen sie mit Europa ganz besondere Beziehungen. TTIP könnte aber Handelsströme zu ihrem Schaden nach Norden umleiten, wie AKP-Generalsekretär Patrick I. Gomes im vergangenen Jahr in Brüssel warnte: "AKP-Staaten werden zweifellos betroffen sein."