ARD-Korrespondent Volker Schwenck in der Türkei festgesetzt

ARD-Korrespondent Volker Schwenck in der Türkei festgesetzt
"Endstation Istanbul": Ohne Angaben von Gründen haben die türkischen Behörden dem ARD-Korrespondenten Volker Schwenck die Einreise verweigert. Die Meinungen gehen auseinander, ob ein Zusammenhang zum Fall Böhmermann besteht.

Stuttgart/Berlin (epd) Der ARD-Fernsehkorrespondent Volker Schwenck ist am Dienstag bei seiner Einreise in die Türkei festgesetzt worden. Die türkischen Behörden verweigerten dem SWR-Reporter am Morgen am Flughafen Istanbul die Einreise, wie der Südwestrundfunk in Stuttgart mitteilte. Gründe seien Schwenck nicht genannt worden. Journalistenverbände forderten die sofortige Freilassung des 48-jährigen Korrespondenten.

Nach Angaben des SWR kam Schwenck aus dem ARD-Büro in Kairo und wollte von Istanbul aus weiter in das türkisch-syrische Grenzgebiet reisen, um dort mit syrischen Flüchtlingen zu sprechen. Schwenck twitterte, ihm sei von den türkischen Behörden gesagt worden, es gebe einen Vermerk zu seinem Namen. "Endstation Istanbul. Einreise in Türkei verweigert", schrieb er.

"Reine Schikane"

Schwenck befand sich den Angaben zufolge am Vormittag in einem Abschieberaum am Flughafen Istanbul. Über den Vorgang seien inzwischen auch die deutsche Botschaft in Ankara und das Auswärtige Amt informiert, erklärte der SWR. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, Mitarbeiter der Botschaft und das Generalkonsulats Istanbul seien in dem Fall in Kontakt mit den zuständigen türkischen Stellen. Der Betroffene werde zudem am Flughafen direkt von Mitarbeitern des deutschen Generalkonsulats betreut.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) rief die Türkei auf, den Korrespondenten ungehindert seine Recherchen durchführen zu lassen. Der DJV-Vorsitzende Frank Überall sagte: "Das Vorgehen der Behörden gegen Schwenck ist reine Schikane, die durch nichts zu rechtfertigen ist." Aus seiner Sicht räche sich nun das Entgegenkommen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Fall Böhmermann.

Merkel hatte Ende vergangener Woche angekündigt, dass die Bundesregierung die Erlaubnis für ein Strafverfahren gegen den Satiriker Jan Böhmermann erteile wegen möglicher Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts. Die Türkei hatte wegen eines Schmähgedichts des ZDF-Moderators gegen Erdogan vom 31. März förmlich eine Strafverfolgung verlangt. Der türkische Präsident stellte zudem persönlich Strafantrag wegen Beleidigung.

Kein Zusammenhang mit Böhmermann

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di bezeichnete die Festsetzung Schwencks als vollkommen inakzeptabel. Der Fall mache einmal mehr deutlich, dass in der Regierung Erdogan "ein frag- und kritikwürdiges Verständnis von Presse- und Informationsfreiheit" vorherrsche. Die Grünen-Politikerin Tabea Rößner sagte, das Vorgehen gegen den ARD-Korrespondenten passe "leider in die repressive Politik, welche die Türkei im Hinblick auf die Presse- und Meinungsfreiheit in den letzten Monaten vollzieht". Den harten Kurs bekämen zunehmend auch ausländische Journalisten zu spüren.

Auch der SWR-Redakteurausschuss kritisierte Schwencks Festsetzung. "Wenn die Türkei so mit ARD-Korrespondenten verfährt, zeigt dies, wie es dort um die Presse- und Meinungsfreiheit bestellt ist", erklärte die Redakteursvertretung auf Twitter.

Der Türkei-Korrespondent des SWR, Thomas Bormann, betonte, die Festsetzung Schwencks stehe nicht in Zusammenhang mit dem Fall Böhmermann. Die türkische Regierung greife immer häufiger in die Pressefreiheit ein, erklärte Bormann: "Offenbar schaut sie jetzt auch genauer auf ausländische Journalisten."

Erst im vergangenen Monat hatte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" seinen Korrespondenten Hasnain Kazim aus Istanbul abgezogen, weil die Behörden dessen Presse-Akkreditierung trotz monatelanger Bemühungen nicht verlängert hatten. Regierungskritische Medien in der Türkei sind bereits seit Monaten zunehmend staatlichen Repressionen ausgesetzt. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten.