EU-Kommission schlägt Reform des europäischen Asylsystems vor

EU-Kommission schlägt Reform des europäischen Asylsystems vor
Erst der Pakt mit der Türkei, jetzt eine Reform im Innern: Die EU-Kommission will Lehren aus der Flüchtlingskrise ziehen und schlägt Änderungen des europäischen Asylsystems vor.

Brüssel (epd) Mit weitreichenden Reformplänen reagiert die EU-Kommission auf die Flüchtlingskrise. In einem am Mittwoch in Brüssel veröffentlichten Papier stellt sie verschiedene Wege zur Wahl, um zu einer gerechteren Verteilung von Asylbewerbern innerhalb Europas und einer Vereinheitlichung der Asylverfahren zu kommen. Das jetzige Asylsystem sei "nicht zukunftsfähig", erklärte Vizekommissionspräsident Frans Timmermans. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) begrüßte die Vorschläge. Sie zeigten in die richtige Richtung.

Zwei Optionen

Nach den Überlegungen der Kommission soll das sogenannte Dublin-System verändert werden. Es sieht vor, dass in der Regel das Land für die Prüfung und Beherbergung eines Asylbewerbers zuständig ist, wo dieser das erste Mal europäischen Boden betritt.

Die EU-Kommission präsentierte zwei Optionen. Nach Option eins würde das jetzige System beibehalten und ergänzt. In Zeiten eines Massenandrangs in ein bestimmtes EU-Land käme ein "Fairness-Mechanismus" zum Einsatz, das heißt andere Länder müssten ihm Flüchtlinge abnehmen. Die zweite Option geht weiter: Danach würde der Grundsatz des Erst-Einreiselandes abgeschafft. Die Asylbewerber würden also unabhängig davon, wo sie in der EU ankommen, verteilt.

Darüber hinaus sollen die national verschiedenen Asylverfahren angeglichen werden. Das soll verhindern, dass Flüchtlinge gezielt bestimmte EU-Staaten ansteuern, wo sie sich bessere Perspektiven erhoffen. Die EU-Kommission will zum Beispiel die Höchstdauer der Verfahren angleichen.

Generell soll nach dem Willen der Kommission die europäische Ebene in der Asylpolitik gestärkt werden. Daher befürwortet sie mehr Befugnisse des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO). Das EASO würde zum Beispiel damit beauftragt, Drittländer wie die Türkei unter die Lupe zu nehmen, damit diese als sogenannter sicherer Drittstaat eingestuft werden können. Das EASO könnte sogar einst selbst die Asylverfahren durchführen. Allerdings ist ein solch weitgehender Umbau des Systems sogar nach Bekunden der EU-Kommission kurz- und mittelfristig "schwer vorstellbar", wie es in der Mitteilung heißt.

Deutsche Vorstellungen verwirklicht

Bei allen Vorschlägen vom Mittwoch handelt es sich noch nicht um konkrete Gesetzespläne. Vielmehr beschreibe die Kommission mögliche Wege. Erst nachdem sie Rückmeldungen erhalten hat, will sie konkrete Vorschläge vorlegen.

"Die Flüchtlingskrise führt uns täglich vor Augen, dass wir eine nachhaltige und zukunftsfähige Fortentwicklung des gesamten Europäischen Asyl- und Flüchtlingssystems brauchen", erklärte Bundesinnenminister de Maizière in Berlin. Vieles in den Kommissionsplänen decke sich auf den ersten Blick mit deutschen Vorstellungen. Kernpunkt der Diskussion werde "der neue Verteilungsmechanismus" sein, so der Minister. Er rief die EU-Kommission und den niederländischen Ratsvorsitz auf, schnell an konkreten Lösungen zu arbeiten.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßte die Pläne ebenfalls. Die EU-Kommission erwäge den "mutigen, aber überfälligen Schritt, ein wirklich gemeinsames europäisches Asylsystem mit verbindlichen Regeln, einer europäischen Asylbehörde mit Entscheidungsbefugnissen und einem solidarischen Verteilmechanismus zu schaffen", erklärte die Leiterin der Brüsseler EKD-Vertretung, Katrin Hatzinger, gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Ich hoffe, dass dieser ambitionierter Vorschlag sich durchsetzt."