Brüssel (epd)Die europäischen Regierungen werden dazu aufgerufen, Flüchtlinge zwar grundsätzlich aufzunehmen, aber Migranten mit anderen Motiven als der Schutzsuche nicht in andere Länder weiterreisen zu lassen, wie die Kommission am Freitag in Brüssel mitteilte. Damit legte sie ihre Position drei Tage vor dem EU-Türkei-Gipfel fest.
Kontrollen aufheben
Seit September 2015 haben acht Länder Kontrollen an Grenzen zu anderen EU-Ländern wiedereingeführt. Der sogenannte Schengen-Kodex sieht zwar generell offene Binnengrenzen vor, erlaubt aber derartige Kontrollen in Ausnahmefällen. "Unser Ziel ist es, alle Kontrollen an den Binnengrenzen so schnell wie möglich und spätestens bis Dezember 2016 wiederaufzuheben", erklärte Vizekommissionspräsident Frans Timmermans.
Voraussetzung der offenen Binnengrenzen ist der Schutz der Außengrenzen. Dieser ist insbesondere in Griechenland nach Ansicht der EU-Kommission noch längst nicht gewährleistet. Brüssel verlangt unter anderem eine 100-prozentige Registrierungsrate aller Ankommenden. Die Behörde setzte eine Frist bis zum 12. Mai. Sollten die "ernsten Mängel" fortdauern, will sie selbst Binnenkontrollen vorschlagen. Auch das ist nach dem Schengen-Kodex möglich. Im Unterschied zur jetzigen Situation gäbe es dann eine EU-weite Koordination. Ähnlich wie jetzt könnte besonders Griechenland darunter leiden, wenn andere Länder die Grenzen dicht machen.
Die Wirtschaft treffen Binnenkontrollen hart, machte die Kommission klar. Bei einer vollständigen Wiedereinführung der Kontrollen rechnet sie mit Kosten von fünf bis 18 Milliarden Euro jährlich, zum Beispiel durch höhere Transportkosten und Grenzbeamte.
Kampf gegen Schlepper
Die EU muss dem Plan zufolge Griechenland weiter zur Hilfe kommen. Dafür soll Athen seinen genauen Bedarf an die anderen Staaten, EU-Agenturen und nach Brüssel übermitteln. Bereits am Mittwoch hatte die Kommission einen Nothilfefonds vorgeschlagen, der in den kommenden drei Jahren bis zu 700 Millionen Euro bereitstellen soll und von dem vermutlich ein Großteil nach Griechenland fließen würde. Für den Schutz der Außengrenzen zur Türkei und anderen Drittländern soll die neue Grenz- und Küstenwache dem Fahrplan zufolge bis August einsatzbereit sein.
Von den anderen EU-Staaten verlangt die EU-Kommission ferner die Umsetzung der Umverteilung von 160.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien, die nur schleppend angelaufen ist. Erneut plädierte die Brüsseler Behörde auch für die direkte Aufnahme von Flüchtlingskontingenten aus der Türkei. Anders als bei der verbindlich beschlossenen innereuropäischen Umverteilung ist Brüssel hier aber noch mehr auf den guten Willen der Regierungen angewiesen. Mitte März will die Kommission über Umverteilung und Flüchtlingskontingente berichten.
Die direkte und legale Aufnahme von Flüchtlingen aus der Türkei gilt als ein Hebel der EU, um die Türkei ihrerseits zum Schutz der Grenzen zu motivieren, etwa im Kampf gegen Schlepper.