Gauck: Entwicklung von Europa in Flüchtlingskrise "verstörend"

Gauck: Entwicklung von Europa in Flüchtlingskrise "verstörend"
Bundespräsident Joachim Gauck hat in einem dringenden Appell mehr Zusammenhalt der europäischen Staaten angemahnt.

Es könne und dürfe nicht sein, dass die Europäische Union sich selbst demontiert und das Einigungswerk von Jahrzehnten an der Flüchtlingsfrage zerbricht, sagte Gauck am Freitag bei einer von ihm initiierten Diskussionsveranstaltung in Berlin. Stärker als frühere Spannungen drohe die Flüchtlingskrise das Grundgefüge Europas zu destabilisieren. "Das ist nun wahrlich eine verstörende Entwicklung", sagte Gauck.

Denkbare Kompromisse

Das Staatsoberhaupt forderte einen intensiveren Dialog der Staaten über die Motive ihres Agierens gegenüber Flüchtlingen. Ihm komme es auf das "Warum" an, sagte Gauck. Man lese momentan viel über die Meinungsverschiedenheiten in Europa, selten aber über Ideen für gemeinsame Positionen und denkbare Kompromisse, sagte er.

Mit Blick auf Grenzschließungen und festgelegte Flüchtlingsobergrenzen in Ländern Europas sagte Gauck, in Deutschland sei man beunruhigt über solche Be- und Abgrenzungsstrategien. "Aber es ist auch nicht undenkbar, dass sich europäische und regionale Lösungen ergänzen können", gab das Staatsoberhaupt zu bedenken.

Bei allen nationalen Diskursen dürften aber gemeinsame Prinzipien nicht vergessen werden. "Mit der Genfer Flüchtlingskonvention haben sich alle europäischen Staaten zum Schutz von Flüchtlingen verpflichtet", betonte er. Personen, Bewegungen, Parteien und Regierungen, die Flüchtlinge instrumentalisierten, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren, "entsprechen nicht den humanistischen und rechtlichen Grundlagen unserer europäischen Gemeinschaft".