Brüssel (epd)Die EU-Regierungen haben am Donnerstag erneut um die richtige Lösung in der Flüchtlingskrise gerungen und dabei auf ihren unterschiedlichen Strategien beharrt. Während die Bundesregierung weiter auf ein europäisches Vorgehen drängte und Österreich und andere Länder kritisierte, verteidigte Wien seine Zusammenarbeit mit mehreren Balkanstaaten. Luxemburgs Außen- und Migrationsminister Jean Asselborn warnte wegen des Streits vor "Anarchie" in Europa und stellte fest: "Wir haben keine Linie mehr."
De Maizière: Kontroverse Debatten
Das Treffen der EU-Innenminister fand einen Tag nach der umstrittenen Wiener Westbalkan-Konferenz statt. Auf Einladung Österreichs hatten sich am Mittwoch zehn Länder auf nationale Maßnahmen insbesondere zur stärkeren Grenzsicherung verständigt. Insbesondere Mazedonien soll dabei unterstützt werden - der direkte Nachbar Griechenlands. Weder Griechenland noch Deutschland waren eingeladen. Eine Abschottung der Länder an der Balkanroute könnte dazu führen, dass Griechenland sich um noch viel mehr Flüchtlinge kümmern muss, die aus der Türkei kommen und dann nicht nach Mitteleuropa weiterziehen können. Österreich selbst hat eine Obergrenze geschaffen und lässt zugleich Flüchtlinge nach Deutschland weiterreisen.
Für Berlin liegt die entscheidende Grenze dagegen nicht innerhalb Europas, sondern zwischen Griechenland und der Türkei. Daher werde bis zum EU-Gipfel in zehn Tagen "alle Kraft" auf die Zusammenarbeit mit der Türkei und den Schutz der dortigen EU-Außengrenze gelegt, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Brüssel. Fortschritte erhofft sich de Maizière unter anderem vom Nato-Einsatz, weil die Nato Schleuser und Flüchtlinge schon an der türkischen Küste ausmachen könne.
Bis zum 7. März müsse die Zahl der Flüchtlinge, die über die Türkei nach Griechenland kommen, "drastisch" und "nachhaltig" verringert werden, sagte de Maizière. Dabei seien "nationale Alleingänge nicht hilfreich". Darüber habe es "kontroverse Debatten" gegeben, so de Maizière nach der Sitzung.
EU-Sondergipfel in zehn Tagen
Tatsächlich hatte Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vor dem Treffen ihre Linie bekräftigt. Griechenland behaupte stets, es sei unmöglich, die griechische Außengrenze zu kontrollieren, sagte sie. "Wenn Griechenland das nicht kann, dann liefert es sich offensichtlich das beste Argument, warum andere handeln, warum an anderer Stelle Grenzen überwacht und reguliert werden müssen. Und das tun jetzt die Balkanstaaten gemeinsam mit Österreich."
In zehn Tagen soll ein EU-Sondergipfel mit der Türkei erneut Wege aus der Krise weisen. Auch für den Fall, dass es nicht zu dem erhofften drastischen Rückgang der Flüchtlingszahlen komme, verlangte de Maizière vorbeugend ein europäisch koordiniertes Vorgehen. Wie dieses aussehen könnte, ließ der Minister aber offen.
Die Aufnahme und Registrierung von Flüchtlingen auf Griechenland in den sogenannten Hotspots sei "deutlich besser geworden", sagte de Maizière. Dies sei nicht nur für eine Umverteilung innerhalb der EU wichtig, sondern auch für die Sicherheit. "Wir wollen nicht, dass unter die Flüchtlinge sich Menschen mischen, die in Europa Anschläge begehen."