Flüchtlinge: Merkel setzt auf Kooperation mit der Türkei

Flüchtlinge: Merkel setzt auf Kooperation mit der Türkei
Vor dem EU-Gipfel in Brüssel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihr Ziel einer gesamteuropäischen Strategie in der Flüchtlingspolitik verteidigt. Vom Koalitionspartner SPD erhielt sie dafür Rückendeckung.

Berlin, Brüssel (epd)In einer Regierungserklärung vor dem Bundestag unterstrich Merkel am Mittwoch ihren Wunsch nach einem "europäisch-türkischen Ansatz" und damit gegen eine Schließung der Grenzen innerhalb Europas. Die Linke kritisierte die engere Zusammenarbeit mit der Türkei. Die Grünen warfen der Koalition vor, mit ständig neuem Streit die Bevölkerung zu verunsichern.

Erwartungen nach unten geschraubt

Beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel steht neben dem Verbleib Großbritanniens in der EU die Flüchtlingspolitik oben auf der Agenda der Staats- und Regierungschefs. Die Koalition in Berlin hatte zuvor die Erwartungen an konkrete neue Beschlüsse nach unten geschraubt.

Merkel erklärte im Bundestag, es gehe um die Eindämmung von Fluchtursachen und den Schutz der europäischen Außengrenzen insbesondere zwischen der Türkei und Griechenland. Dazu ist bereits die EU-Türkei-Migrationsagenda auf den Weg gebracht, die vorsieht, dass die Türkei die Grenzen besser sichert und dafür drei Milliarden Euro für die Verbesserung der Lage der Flüchtlinge erhält. 2,5 Millionen Syrer hat das Land bislang aufgenommen.

Sie setze sich dafür ein, diesen Weg im Rahmen der im November geschlossenen Abmachung mit der Türkei weiterzugehen, sagte Merkel. "Oder müssen wir aufgeben und stattdessen, wie jetzt manche vehement fordern, die griechisch-mazedonisch-bulgarische Grenze schließen, mit allen Folgen für Griechenland und die Europäische Union insgesamt?"

Kein Fortschritt bei Kontingenten

Bei den zuletzt diskutierten Kontingenten für Flüchtlinge aus der Türkei wird derweil nicht mehr mit Fortschritten gerechnet. Damit würde sich Europa "lächerlich" machen angesichts dessen, dass die bereits beschlossene Verteilung von 160.000 Flüchtlingen innerhalb Europas nicht einmal ansatzweise umgesetzt sei, sagte die Kanzlerin.

Nach Lage der Dinge könnten momentan nur "kleine Schritte" vereinbart werden, pflichtete SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann Merkel im Bundestag bei. Er erwarte vom Gipfel Beschlüsse für einen besseren Grenz- und Küstenschutz zwischen der Türkei und Griechenland, die "klare Zusage" für den Hilfsfonds über drei Milliarden Euro an die Türkei sowie einen zusätzlichen zweistelligen Milliardenbeitrag aus dem EU-Haushalt zur Bekämpfung von Fluchtursachen, sagte Oppermann.

"Flüchtlingsgefängnis Türkei"

Die "Koalition der Willigen" für Flüchtlingskontingente sei derzeit nicht groß, sagte Oppermann und legte nahe, dass auch er keine neuen Beschlüsse dazu erwartet. Dennoch müsse weiter daran gearbeitet werden. Man könne von der Türkei nicht verlangen, dass die Flüchtlinge aus Aleppo reinlasse, andere auf dem Weg nach Europa aber nicht rauslasse.

Die Opposition nutzte die Aussprache im Parlament für grundsätzliche Kritik an der Strategie der Bundesregierung. Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht kritisierte die enge Zusammenarbeit mit der Türkei, die gegen Kurden vorgehe und Islamisten unterstütze. Es drohe die "Verwandlung der Türkei in ein Flüchtlingsgefängnis unter dem Aufseher Erdogan", sagte Wagenknecht.

Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Katrin Göring-Eckardt, griff die Koalition an, die immer zerstrittener erscheine. Es gebe jeden Tag neuen Streit, der die Bevölkerung, Ehrenamtliche und Mitarbeiter von Behörden verunsichere, sagte sie. Sie forderte Fortschritte bei der Integration.