Kardinal Marx: Kein Flüchtling darf unwürdig behandelt werden

Kardinal Marx: Kein Flüchtling darf unwürdig behandelt werden
Zum Beginn der Vollversammlung der katholischen Bischöfe haben Kardinal Marx und Erzbischof Koch die Verantwortung der Kirche für die Flüchtlinge und für das gesellschaftliche Klima betont. Die Kirche müsse zu Besonnenheit aufrufen.

Schöntal (epd)Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat dazu aufgerufen, im Umgang mit Flüchtlingen an humanitären Prinzipien festzuhalten. Dazu gehöre, dass kein Flüchtling, der europäischen oder deutschen Boden betritt, unwürdig behandelt oder in Gewalt, Verfolgung oder Krieg zurückgeschickt werden dürfe. "Dahinter abfallen dürfen wir nicht", sagte Marx am Montag zum Auftakt der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe im baden-württembergischen Kloster Schöntal, in deren Mittelpunkt der Umgang mit den Flüchtlingen steht.

Polarisierung der Gesellschaft

Die Kirche wolle zwar "Teil der Lösung sein", könne aber nicht die politischen Festlegungen treffen. "Wir sind nicht der Staat", sagte Marx. Aufgabe der Kirche sei, zu Besonnenheit, Nüchternheit und Miteinander in der Gesellschaft aufzurufen und immer wieder Fragen zu stellen. Angst sollten die Menschen nicht vor den Flüchtlingen haben, sondern vor einer Polarisierung der Gesellschaft und einem möglichen Zerfall Europas. Zudem könne die Kirche in ihren Einrichtungen zur Integration beitragen.

Vor Beginn der Versammlung hat Erzbischof Heiner Koch in Berlin den Blick auf Verschärfungen im gesellschaftlichen Klima gelenkt. Angesichts der fremdenfeindlichen "Pegida"-Bewegung warnte er vor Entwicklungen wie im Nationalsozialismus. "Ich denke, auf manche Entwicklungen im 'Dritten Reich', als sie noch abwendbar waren, hat man zu spät beziehungsweise nicht eindeutig genug reagiert", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Das dürfe nicht wieder passieren.

Der Umgang mit Flüchtlingen steht im Mittelpunkt der Vollversammlung der Bischöfe, die bis Donnerstag dauern soll. Die Geistlichen wollen mit Experten und Politikern, darunter der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), diskutieren und ein Leitbild für die katholische Flüchtlingsarbeit verabschieden.

Aktivitäten für Flüchtlinge

Auf die Forderung der Reformbewegung "Wir sind Kirche", die katholische Kirche solle noch mehr Gebäude wie Priesterseminare und Klöster für Flüchtlinge öffnen, erwiderte Marx, man solle "nicht die Haare in der Suppe suchen, sondern die ermuntern, die schon etwas tun". Am Mittwoch will die Bischofskonferenz eine Liste der Aktivitäten der katholischen Bistümer für Flüchtlinge vorlegen.

Die katholischen Bischöfe wollen sich zudem mit dem Reformationsjubiläum beschäftigen, das die Protestanten 2017 feiern. Er habe "mit großer Freude" gehört, dass Papst Franziskus am 31. Oktober 2016 ins schwedische Lund fahren werde, um dort mit dem Lutherischen Weltbund ein Zeichen zu setzen, sagte Marx. Er erinnerte zudem an den für die Passionszeit 2017 in Deutschland geplanten Versöhnungsgottesdienst, in dem beide Konfessionen unter dem Stichwort "Heilung der Erinnerungen" (Healing of memories) um Vergebung für wechselseitige Verletzungen bitten wollen, die sie sich nach der Reformation zugefügt haben. "Daran sollten wir uns erinnern und es nicht verschweigen", sagte Marx.