Verhandlungsmarathon in Paris

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Der Gletscher auf der Zugspitze schwindet: Beim Klimagipfel debattieren Politiker über Maßnahmen gegen die Erderwärmung.
Verhandlungsmarathon in Paris
Zähe Nachtverhandlungen und ein umgeschmissener Terminplan gehören zur Dramaturgie der Klimagipfel - auch in Paris: Konferenz-Präsident Fabius hat den Abschluss des Gipfels von Freitag auf Samstag verschoben. Industrie- und Schwellenländer streiten.

Paris (epd)Ungeachtet offener Streitpunkte beim Weltklimagipfel zeigt sich Konferenz-Präsident Laurent Fabius zuversichtlich, dass die Staatengemeinschaft ein ehrgeiziges Klimaabkommen besiegeln wird. "Wir sind fast am Ende des Weges angelangt, ich bin optimistisch", erklärte der französische Außenminister am Freitagnachmittag in Paris.

Nächtlicher Verhandlungsmarathon

Er kündigte einen neuen Vertragsentwurf für Samstagmorgen um 9 Uhr an, der mittags im Plenum verabschiedet werden soll. Ursprünglich sollte der Gipfel bereits am Freitag mit der Verabschiedung eines neuen Klimavertrages enden. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich überzeugt, dass die Delegierten in Paris ein "starkes Abkommen" beschließen werden.

In Berlin erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Freitagmittag, es sei nicht geplant, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich noch in die Verhandlungen einschaltet. Wirtz sprach von "konstruktiven und engagierten Verhandlungen" unter der französischen Leitung.

Nach einem nächtlichen Verhandlungsmarathon hatte die französische Präsidentschaft am Freitagmorgen den Abschluss des Gipfels verschoben. Besonders umstritten ist die Lastenverteilung zwischen Industriestaaten und Schwellenländern beim Klimaschutz. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen pochten China und Indien in den Nachtverhandlungen weiter auf eine scharfe Zweiteilung von Industrie- und Entwicklungsstaaten, wie die Klimarahmenkonvention von 1992 sie vorsieht. Demnach liegt die Hauptverantwortung im Kampf gegen die Erderwärmung bei den Industriestaaten.

Die EU und die USA plädieren hingegen für eine feinteiligere Unterscheidung der Staaten und wollen zum Beispiel, dass sich wirtschaftliche aufstrebende Schwellenländer an der Finanzierung von Klima-Hilfen für arme Länder beteiligen. Auch wenn im Entwurf lediglich die Bemerkung steht, dass sich Nicht-Industriestaaten "freiwillig an der Finanzierung beteiligen können", geht dieser Passus den Schwellenländern offenbar schon zu weit. Außerdem treten die Industrieländer für weitgehend einheitliche Berichtspflichten beim Klimaschutz ein, wovor Länder wie China und Indien zurückschrecken.

Globales Langfristziel

Umweltschützer kritisierten, dass sich der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas (Dekarbonisierung) nicht mehr als Langfristziel im Entwurf findet. Stattdessen soll laut Text in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts lediglich eine "Emissionsneutralität" erreicht werden, was den Ausstoß von CO2 erlaubt, wenn an anderer Stelle wieder eingespart wird. Dieser Begriff lasse eine "scheunentorgroße Öffnung" für die unterirdische Kohlendioxid-Speicherung zu, beklagte der Chef des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Olaf Tschimpke.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bemängelte, dass der Text eine Überprüfung der nationalen Klimaschutzpläne erst für 2019 vorsieht. "Ob das noch ausreicht, sie vor Inkrafttreten des neuen Abkommen zu verbessern, ist mehr als fraglich", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Die freiwilligen Selbstverpflichtungen zum Klimaschutz, die 186 Staaten vorgelegt haben, reichen nach UN-Berechungen nicht aus, um den Temperaturanstieg ausreichend zu bremsen.

Eine klare Festlegung enthält der Entwurf für die Begrenzung der Erderwärmung. Als einzige Option steht nun im Text, Ziel sei es, die "durchschnittliche globale Erwärmung weit unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen und zudem Anstrengungen zu unternehmen, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen (...)" Eine Erwähnung des 1,5-Grad-Ziels hatten neben besonders bedrohten Staaten zuletzt auch Industrieländer wie Deutschland verlangt.

Seit fast zwei Wochen ringen Vertreter aus 196 Staaten in Paris unter anderem um ein globales Langfristziel zur Minderung von Treibhausgasen, einen Revisionsmechanismus zur Steigerung staatlicher Klimaschutz-Maßnahmen und um die Finanzierung von Klima-Hilfen für arme Staaten. Anders als das 2020 auslaufende Kyoto-Protokoll soll der neue Klima-Vertrag aber keine bindenden Ziele zur CO2-Reduktion für einzelne Staaten festschreiben.