Prozess gegen mutmaßliche Terrorhelfer in Stuttgart

Prozess gegen mutmaßliche Terrorhelfer in Stuttgart
Mit Militärkleidung, Funkscannern und Krankenwagen sollen vier Männer die Terrorvereinigung «Ahrar al Sham» in Syrien unterstützt haben. Seit diesem Dienstag müssen sie sich vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht verantworten.

Stuttgart (epd)Die "Ahrar al Sham" oder Islamische Bewegung der Freien Männer Großsyriens soll zumindest bis Mitte 2014 zu den einflussreichsten und größten salafistisch-dschihadistischen Gruppen im syrischen Aufstand gehört haben. Im Auftrag eines Mittelsmanns der Vereinigung hat der 32-jährige Kassem El R. laut Anklage über die Firma des 49 Jahre alten Nuran B. rund 7.400 Paar Stiefel, 6.000 Militärparkas und 100 Militärhemden im Wert von 133.000 Euro erworben.

Der 29-jährige Hassan A.S. habe unter anderem eine Anzahlung von 4.000 Euro auf den Kaufpreis geleistet, und Ali F. (31) sei schließlich am Transport beteiligt gewesen. Die Ware traf laut Bundesanwaltschaft spätestens Anfang April 2014 in Syrien ein, wurde der Organisation aber bei einem bewaffneten Überfall wieder abgenommen.

Funkscanner und gebrauchte Krankenwagen

Zwei der vier Angeklagten sollen die Terrorgruppe auch schon im Frühjahr 2013 mit Ausrüstung versorgt haben. Ali F. habe zwei militärisch nutzbare Funkscanner nach Syrien gebracht. Kassem El R. soll fünf gebrauchte Krankenwagen über die Türkei nach Syrien gebracht haben. Er sitzt seit seiner Verhaftung am 18. Oktober 2014 in Untersuchungshaft.

Angaben machte zunächst nur Nuran B., dessen Firma in Amstetten (Alb-Donau-Kreis) die militärische Kleidung geliefert haben soll. Er habe nicht gewusst, dass die "Ahrar al Sham" beliefert werden sollte, sagte er mehrfach. Das Geschäft habe er zunächst mit einem anderen Mann verabredet, und der habe die Freie Syrische Armee als Empfänger angegeben. Dies sei auch in Mails zu lesen.

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Hartmut Schnelle, was er sich unter der Freien Syrischen Armee vorgestellt habe, sagte der Angeklagte: "die Opposition". Die Sache sei für ihn damit klar gewesen, später habe er dann nicht mehr nach dem Empfänger gefragt. Seine Firma ist mittlerweile insolvent. Wegen "dieser Geschichte" seien seine Lieferanten auf Distanz gegangen, sagte er.

"Ein Pilotverfahren"

"Dieses Verfahren ist ein Pilotverfahren", machte Christian Monka, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, am Rande des Prozesses deutlich. Für Deutschland gehe es unter anderem darum, die "Ahrar al Sham" einzuordnen. Er sieht sie eindeutig als Terrororganisation, die im syrischen Küstenbereich an der Grenze zur Türkei zahlreiche Sprengstoff- und Selbstmordattentate begangen habe.

Laut Anklage will die Organisation die syrische Regierung stürzen und eine Gesellschaft nach fundamentalistisch-islamistischen Grundsätzen einführen. Der bewaffnete Kampf sei ihr einziges Mittel. Bis zu ihrer massiven Schwächung durch einen Angriff Mitte 2014 soll sie bis zu 20.000 Kämpfer gehabt haben.

Wenn die Angeklagten verurteilt werden, drohen ihnen Strafen zwischen sechs Monaten und 15 Jahren. Für den Prozess sind zunächst Termine bis Ende Februar bestimmt.