Barmherzigkeit, Umkehr, Ablass

Barmherzigkeit, Umkehr, Ablass

Am 8. Dezember beginnt in der katholischen Kirche weltweit das Heilige Jahr der Barmherzigkeit, das Papst Franziskus ausgerufen hat. Der Evangelische Pressedienst beantwortet Fragen zu Heiligen Pforten, Absichten und Traditionen.
08.12.2015
epd
Wiebke Rannenberg (epd)

Frankfurt a.M. (epd)

Was ist ein Heiliges Jahr?

Das Heilige Jahr dient in der katholischen Kirche weltweit der inneren Einkehr, der persönlichen Glaubenserfahrung, dem Pilgern und der Umkehr. Es fordert dazu auf, die Beziehung mit Gott und zu den Mitmenschen zu erneuern. Wichtiger traditioneller Teil des Heiligen Jahres ist der Ablass.

Auf welche Traditionen geht es zurück?

Nur ein Papst kann ein Heiliges Jahr verkünden. Es geht zurück auf die Tradition des hebräischen "Jobeljahr", das alle 50 Jahre begangen wurde. In diesem "Jubeljahr" sollte die Gleichheit zwischen allen Söhnen und Töchtern Israels wiederhergestellt werden, heißt es auf der Internetseite der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Auch Sklaven sollten ihre Rechte einfordern können. Diese Tradition wurde von Papst Bonifaz VIII. im Jahr 1300 aufgegriffen, seit 1475 wird das Heilige Jahr alle 25 Jahre gefeiert, zuletzt im Jahr 2000. Das Jahr der Barmherzigkeit ist ein außerordentliches Heiliges Jahr.

Wie kam es zum Jahr der Barmherzigkeit?

Überraschend hat Papst Franziskus das außerordentliche Heilige Jahr der Barmherzigkeit am 13. März 2015 im Petersdom in Rom angekündigt und es unter das Motto "Seid barmherzig wie der himmlische Vater!", einen Vers aus dem Lukasevangelium, gestellt. Es soll vom 8. Dezember 2015 (Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria) bis zum 20. November 2016 dauern. Damit beginnt das Heilige Jahr 50 Jahre nach dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils, das am 8. Dezember 1965 endete und für eine Öffnung und Erneuerung der katholischen Kirche steht.

Wieso Barmherzigkeit?

Die Barmherzigkeit ist seit Beginn seiner Amtszeit die zentrale Leitlinie von Papst Franziskus, das gilt für Flüchtlinge ebenso wie für wiederverheiratete Geschiedene. Bei der Ankündigung sprach er von seiner Überzeugung, dass die Kirche es selbst nötig habe, "Barmherzigkeit zu erlangen, weil wir Sünder sind". Das Motto "Barmherzig wie der Vater" gelte "besonders für die Beichtväter! Ganz viel Barmherzigkeit!", sagte er. Es gehe darum, "nicht zu urteilen oder gar zu verdammen, sondern zu vergeben und in geradezu maßloser Weise Liebe und Verzeihung zu schenken", schreibt die Deutsche Bischofskonferenz.

Welche Rolle spielen die Heiligen Pforten?

Wer während des Heiligen Jahres durch eine Heilige Pforte in Rom oder anderswo schreitet und danach im Gebet die "letzten, inneren Schritte des Pilgerweges" geht, erhält den Ablass. Wer das im Petersdom tun will, muss sich über das Internet anmelden.

Wo sind die Heiligen Pforten?

Sieben Kirchen in Rom haben eine Heilige Pforte: die vier päpstlichen Basiliken Petersdom, Lateranbasilika, Santa Maria Maggiore und Sankt Paul vor den Mauern sowie drei weitere Kirchen. Als erstes wird Papst Franziskus am Dienstag, 8. Dezember, die Pforte im Petersdom mit drei Hammerschlägen öffnen, eine Tradition seit 1499. Nach dem letzten Heiligen Jahr war die Pforte zugemauert worden. Fünf Tage später, am dritten Advent (13. Dezember), werden die Heiligen Pforten der weiteren Kirchen in Rom sowie die Pforten der Barmherzigkeit in Bistümern in der ganzen Welt geöffnet. Als besonderes Zeichen hat Papst Franziskus die erste Heilige Pforte bereits am 29. November in Bangui in der Zentralafrikanischen Republik, die von einem Bürgerkrieg erschüttert wird, geöffnet.

Wieso gibt es erstmals so viele Heilige Pforten, die Pforten der Barmherzigkeit, auch außerhalb von Rom?

Das ist der Wunsch des Papstes. Damit werden die Stätten des Heiligen Jahres dezentralisiert. In Deutschland werden es rund 50 Türen in Domen und Wallfahrtskirchen sein, zum Beispiel in den Domen von Mainz, Frankfurt, Dresden und in der Wallfahrtskirche Oggersheim.

Was ist der Ablass?

Nach katholischer Lehre werden durch Beichte, Reue, Wiedergutmachung und Vergebung nicht alle Spuren und Folgen der Sünde getilgt. Es bleiben die "zeitlichen Sündenstrafen", die der Gläubige nach traditioneller Vorstellung im Fegefeuer verbringen muss, bevor er in den Himmel kommt. Mit dem Ablass können diese "zeitlichen Sündenstrafen" verkürzt werden. Dazu gehören neben dem Durchschreiten einer Heiligen Pforte bestimmte Gebete und Bußwerke wie der Besuch von einsamen Menschen. Für Kranke und Gefangene hat Franziskus auch die Türen von Gefängniskapellen und die Krankenbetten zu einer Art Heiliger Pforte erklärt.