Sprachforscherin: Metaphern über Flüchtlinge legen Bedrohung nahe

Schneebedeckter Hang mit Spuren von Lawinen.
Foto: Colourbox.de
Eine Lawine? Die sieht so aus.
Sprachforscherin: Metaphern über Flüchtlinge legen Bedrohung nahe
Die typischen Sprachbilder, die Medien und Politiker in der Flüchtlingskrise verwenden, legen nach Ansicht der Sprachforscherin Constanze Spieß oft eine Bedrohung durch Migranten nahe.

"Es ist immer wieder von 'Flüchtlingswellen', einer 'Flüchtlingsflut' oder von 'einzudämmenden Flüchtlingsströmen' die Rede", sagte Spieß dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Diese Metaphern stammen aus dem Bereich der Naturkatastrophen. Dadurch wird mit dem Begriff der Flüchtlinge Gefahr verbunden."

Die Naturkatastrophen-Metaphorik lege mehr oder weniger bewusst etwas nicht Steuerbares nahe, erläuterte Spieß, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik der Karl-Franzens-Universität Graz Metaphern erforscht. "Damit verbindet sich, dass die Einheimischen dem ausgeliefert sind - so wie man bei einer Naturkatastrophe beispielsweise eine Flutwelle nicht aufhalten kann." Das schüre Angst vor den Migranten - auch dann, wenn solche Begriffe in eine Berichterstattung mit neutralem oder positivem Tenor eingebunden seien.

Denn Formulierungen definierten stets eine bestimmte Sichtweise auf gesellschaftliche Fragen, sagte Spieß: "Die Verwendung der Sprache geschieht immer aus einer weltanschaulichen Perspektive." Eine Funktion von Metaphern sei, als bildliche Übertragung Emotionen anzusprechen: "In diesem Zusammenhang ist das aber problematisch."

Sie plädiere dafür, statt der bekannten Metaphern besser Begriffe wie "Flüchtlingsbewegung" oder "Migrationsbewegung" zu benutzen: "Diese Formulierungen sind relativ neutral. Sie legen grundsätzlich keine negative Kommentierung der Migration nahe." Leider seien sie in der Debatte aber eher selten zu finden. "Manche Akteure glauben vielleicht, diese Begriffe seien zu wenig anschaulich." Die Naturkatastrophen-Metaphern seien demgegenüber konventionalisierte Ausdrucksweisen, denn sie seien seit Jahrzehnten in Migrationsdiskursen zu lesen, erläuterte Spieß. Selbst sprachsensiblen Menschen fielen sie deswegen inzwischen kaum mehr als problematisch auf.