Studie: Öffentlicher Nahverkehr zu wenig kundenfreundlich

epd-bild / Steffen Schellhorn
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) attestiert dem Öffentlichen Personennahverkehr in einigen Städten Mängel in Sachen Benutzerfreundlichkeit.
Studie: Öffentlicher Nahverkehr zu wenig kundenfreundlich
Tester untersuchten sechs Modellregionen
Blinde Displays am Ticketautomaten, kryptische Liniennetze, undurchsichtige Tarifsysteme, zugige Haltestellen: Wer den Öffentlichen Nahverkehr benutzt, muss vielerorts hart im Nehmen sein. Das geht auch anders, findet der Verkehrsclub Deutschland.

Berlin (epd)Bei einer Untersuchung zur Benutzerfreundlichkeit des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in sechs Regionen hat der Verkehrsclub Deutschland (VCD) zum Teil erhebliche Mängel festgestellt. An vielen Haltestellen gebe es keine ausreichenden Informationen zu Liniennetz- oder Umgebungsplänen, sagte der Projektleiter der Untersuchung, Gregor Kolbe, am Mittwoch in Berlin. Auch in den Fahrzeugen fehlten häufig Liniennetzpläne, Anzeigen oder Durchsagen zu Umsteige- und Anschlussmöglichkeiten. Fast alle Untersuchungsgebiete böten allerdings per Internet und App gute bis sehr gute Vorab-Informationen an.

Ein weiteres großes Defizit sei die Verknüpfung des Öffentlichen Nahverkehrs mit anderen Verkehrsmitteln. Dazu zählten fehlende Fahrradständer an Haltestellen, mangelnde Informationen zur Radmitnahme in Bus und Bahn oder Umstiegsmöglichkeiten zu Carsharing-Anbietern. Kritisiert wird auch die vielerorts schlechte Synchronisierung von Fahrplänen, verbunden mit unnötig langen Wartezeiten auf Anschlussbusse oder -bahnen.

Nicht mehr als Konkurrenz sehen

Getestet wurden modellhaft die beiden Großstädte Köln und Hannover, die Mittelstädte Bamberg und Lutherstadt Wittenberg sowie die zwei Landkreise Meißen (Sachsen) und Vogelsbergkreis (Hessen). Während der Nahverkehr in Köln, Hannover, Meißen und im Vogelsbergkreis vom VCD die Gesamtnote "befriedigend" bekam, reichte es bei Bamberg und Lutherstadt Wittenberg nur für ein "ausreichend".

Untersucht wurden von den Testern Haltestellen und Fahrzeuge des jeweiligen Nahverkehrsverbundes, der Internetauftritt, die Beratungs- und Verkaufsstellen und die Nutzerfreundlichkeit von Smartphone-Apps. Die Kriterien waren unter anderem der Umfang der angebotenen Basisinformationen, die Gestaltung und Sauberkeit von Haltestellen, die Bedienungsfreundlichkeit, Barrierefreiheit und die Verkehrsmittelintegration.

Gerade im letzten Punkt sieht der Verkehrsclub noch einen großen Nachholbedarf bei den Unternehmen. Die einzelnen Verkehrsträger sollten sich nicht mehr als Konkurrenz sehen, sondern vielmehr ergänzen, sagte der VCD-Bundesvorsitzende Michael Ziesak. Mit der Möglichkeit eines einfachen Wechsels zwischen den Verkehrsmitteln steige die Attraktivität des ganzen Umweltverbundes. Kommunen, Verkehrsunternehmen und Anbieter von Sharing-Systemen müssten in diesem Punkt stärker zusammenarbeiten. "Hier steckt viel Potenzial drin, Verbraucher langfristig als Kunden zu gewinnen", betonte Ziesak.

Piktogramme vermisst

Aber es gibt auch gute Nachrichten. So überzeugte die Tester das Erscheinungsbild des ÖPNV in Köln, Hannover, Meißen und im Vogelsbergkreis. Positiv wurde zudem die Barrierefreiheit des Nahverkehrs in Köln und Hannover bewertet.

Das Testurteil "ausreichend" für Bamberg und Lutherstadt Wittenberg liegt wiederum an fehlenden Liniennetzplänen, zu wenig überdachten Haltestellen, fehlenden Blindenleitstreifen oder fehlenden Anzeigen zu Abfahrts- und Wartezeiten. In Bamberg vermissten die Tester zudem Piktogramme für mobilitätseingeschränkte Personen an allen Fahrzeugen, in Wittenberg werden die Fahrgäste während der Fahrt kaum über Umstiegsmöglichkeiten informiert.