Ai Weiwei startet Gastprofessur in Berlin

epd-bild/Juergen Blume
Der chinesische Aktionskünstler Ai Weiwei kurz vor dem Start seiner Gastprofessur an der Universität der Künste in Berlin.
Ai Weiwei startet Gastprofessur in Berlin
16 Studenten lernen beim
chinesischen Aktionskünstler
Jahrelang rang die Berliner Universität der Künste um ein Engagement Ai Weiweis, doch der berühmte Künstler durfte China nicht verlassen. Nun tritt er eine Gastprofessur in der Bundeshauptstadt an. Zuvor erklärt er, was seine Schüler erwartet.

Berlin (epd)Kurz vor dem Start seiner Gastprofessur an der Berliner Universität der Künste (UdK) hat der chinesische Aktionskünstler Ai Weiwei 16 Studenten für seine Klasse ausgewählt. Sie kämen aus den Bereichen Medien, Mode, Film, Design und Fotografie, sagte Ai am Montag in Berlin. Insgesamt habe es rund 100 Bewerber gegeben. Es sei unglaublich, was die Studierenden für eine breite Wissensbasis mitbrächten, betonte Ai. Die offizielle Antrittsveranstaltung seiner dreijährigen Gastprofessur findet am Sonntag in Berlin statt.

Große Ehre

Der weltberühmte Künstler hatte in China immer wieder die Grenzen der Meinungsfreiheit ausgelotet und war dabei wiederholt mit Regierung und Behörden in Konflikt geraten. Nach einer Festnahme im April 2011 und anschließendem Hausarrest durfte er Peking lange nicht verlassen. Anfang August erhielt der 58-Jährige überraschend seinen Reisepass zurück und reiste kurz darauf nach München und Berlin, wo sein kleiner Sohn und dessen Mutter leben. UdK und Einstein Stiftung hatten das Verfahren zur Berufung Ais bereits im Dezember 2010 aufgenommen und den Kontakt seitdem aufrechterhalten.

Es sei eine sehr große Ehre für ihn, dass er in Berlin sein dürfe, sagte Ai. Er habe noch nie so viel künstlerische Freiheit empfunden und sei der UdK und der Einstein Stiftung, die die Gastprofessur finanziert, sehr dankbar für die Berufung. Dass sich der Name des berühmten Physikers nun mit seinem verbinde, "empfinde ich als die größte Ehre, die ich mir persönlich vorstellen kann", sagte Ai. Berlin bezeichnete er als "sehr interessante" Stadt, in der er sich wohlfühle. Künstler und alle anderen hätten hier "noch Zeit und Raum, um ihren eigenen Lifestyle zu leben".

Thema Flüchtlinge

Mit seinen Studenten wolle er verschiedene Projekte umsetzen, unter anderem zum Thema Flüchtlinge, sagte der Künstler weiter. Dabei solle der Fokus jedoch weniger auf dem "Heute" liegen, vielmehr sei das Thema Teil der Menschheitsgeschichte. Die Themen Meinungsfreiheit und Menschenrechte will er dagegen nicht behandeln. "Ich lehre an einer Kunstschule", unterstrich er. Sich selbst sehe er dabei nicht als klassischen Lehrer, sondern als Teil eines Ganzen. Die Arbeit mit den Studenten sei auch für ihn eine Chance, zu lernen und neue Fragestellungen anzugehen.

Einige seiner Studenten seien "schon richtig gute Künstler", betonte Ai Weiwei. Von den Bewerbern habe er zunächst dasjenige Drittel ausgeschlossen, das Kunst als ein Ziel definiert habe. "In meiner Vorstellung ist Kunst nicht Ziel, sondern Mittel," erklärte Ai. Ein weiteres Drittel sei ausgeschieden, weil es ihn nach dem Geheimnis seines Erfolges gefragt habe; er könne selbst gar nicht beurteilen, ob er erfolgreich sei. Augenzwinkernd fügte er an, dass bei der letztendlichen Auswahl auch "sehr egoistische" Motive eine Rolle gespielt hätten. "Wir wollen ja alle eine gute Zeit zusammen verbringen", sagte der Künstler.

Großer Kraftakt

UdK-Präsident Martin Rennert sagte, die Hochschule freue sich sehr, Ai Weiwei zum Wintersemester 2015/16 begrüßen zu können. "Wir haben einen großen Kraftakt hinter uns in den letzten Wochen", betonte er.

Der Vorstandsvorsitzende der Einstein Stiftung, Günter Stock, sagte, die Stiftung sei besonders froh, mit Ai einen Künstler aus einem anderen Kulturkreis an die UdK geholt zu haben, von dem man etwas lernen könne. "Wir ermöglichen Studierenden, in Auseinandersetzung mit Ai Weiwei und seiner Arbeit die eigenen künstlerischen Positionen zu erweitern und zu hinterfragen", sagte Stock.