Gut gemeint, aber auch gut?

Gut gemeint, aber auch gut?
Erfahrungen mit der Onlinejobbörse für Flüchtlinge «workeer.de»
Die Onlinejobbörse «workeer.de» will zusammenbringen, was zusammen gehört: Stellenanzeigen und Bewerber. Das Angebot richtet sich vor allem an Flüchtlinge. Doch wie erfolgsversprechend ist die Plattform?

Frankfurt a.M. (epd)Im Fernsehen erfährt Prabha Burkhard von der Onlinejobbörse "workeer.de", der ersten Jobbörse für Flüchtlinge. Schnell steht ihr Entschluss fest, über die Plattform einen Ausbildungsplatz anzubieten. Die 49-Jährige Münchnerin hat eine Ayurveda-Praxis. "Ich möchte den Menschen, die hierher kommen, eine Chance geben", sagt die Inderin, die seit 15 Jahren in Deutschland lebt.

Plattform ist Bachelor-Abschlussprojekt

"Workeer.de" - eine Wortneuschöpfung aus "work" und "here", also "arbeite hier" - ist die erste Jobbörse in Deutschland für Flüchtlinge im Internet. Gestartet ist sie Ende Juli, seither haben sich über 600 Bewerber angemeldet; knapp 600 Jobs sind verfügbar. Die Angebote reichen von Friseur bis Schlachter, von Tresenkraft bis Monteur. Initiatoren sind David Jacob (24) und Philipp Kühn (25). "Wir haben uns gefragt, was wir für Flüchtlinge machen können und sind auf diese Idee gekommen", sagt Jacob. Die Jobbörse war ihr Bachelor-Abschlussprojekt an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin.

"Ein großes Problem für Flüchtlinge ist, dass sie den ganzen Tag rumsitzen und nichts zu tun haben", sagt Jacob. Die meisten Geflüchteten wollten aber etwas machen und außerdem auf eigenen Beinen stehen.

Das will auch Adnan Albash. Der 23-Jährige kommt aus Syrien und hat in Damaskus Medizin studiert, bevor er nach einer europäischen Odyssee vor sechs Monaten nach Deutschland gekommen ist. Er spricht noch wenig deutsch. Deshalb hat er im Internet gezielt nach einem Job gesucht, der keine perfekten Deutschkenntnisse erfordert. So ist er auf "workeer.de" gestoßen. In diesem Monat will er eine sechs Monate lange Ausbildung in medizinischer Massage in der Praxis Burkhard beginnen. Nebenher will er möglichst schnell deutsch lernen. "Workeer ist eine gute Sache", sagt er, "denn dort werden Jobs für Leute wie mich angeboten."

Umständliche Abklärungsprozesse

Albert Scherr, Soziologe an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg, betrachtet das Angebot von "workeer.de" aus wissenschaftlicher Perspektive. Er forscht zu Migration und Arbeitsmarktpolitik. Die Plattform sei gut gemeint, aber das Problem in Deutschland sei nicht, dass es nicht genügend Jobs gäbe oder keine Arbeitgeber, die Flüchtlinge einstellen wollten. "Wenn die Menschen, die hier Asyl beantragen, arbeiten wollen, werden ihnen von der Politik Steine in den Weg gelegt", beklagt Scherr. Auch wer eine Duldung habe, warte manchmal jahrelang, bis er eine Arbeitserlaubnis von der Ausländerbehörde bekomme. Und auch nur, wenn kein anderer Bewerber aus Deutschland, der Schweiz, der EU oder der Türkei denselben Job will, erklärt Scherr das gesetzlich verankerte Vorrangprinzip. Das entfällt zwar nach 15-monatigem Aufenthalt des Asylbewerbers, dennoch: Einen Flüchtling einzustellen, erfordere umständliche Abklärungsprozesse. "Das schreckt viele Arbeitgeber ab."

Marco Tabor von der Software-Firma "Enough" in Bremen, hätte gerne einen Programmierjob an einen Flüchtling vergeben. Stattdessen meldete sich über "workeer.de" eine Frau, die gar keinen Flüchtlingshintergrund hat. Das Beispiel zeige, sagt Tabor, dass die Plattform "am Zweck vorbeigehe". Und schaue man sich die Angebote genauer an, seien viele aus dem Niedriglohnsektor oder unbezahlt. "Völlig abwegig" finde er auch, dass "workeer.de" ausschließlich auf Deutsch sei.

Große Signalwirkung

Jacob und Kühn, die Gründer von "workeer.de" wissen, dass sie die Plattform noch verbessern müssen. Das Angebot mehrsprachig anzubieten, sei ohnehin geplant. Auch wollen sie künftig die Stellenanzeigen und Bewerbungen besser prüfen. Doch bei aller Kritik habe "die Seite eine große Signalwirkung", sagt Jacob, denn sie zeige, welche Arbeitgeber sich für Flüchtlinge engagierten.

Die Ayurveda-Therapeutin Burkhard will sich engagieren, doch jetzt müssen sie und Albash erst einmal warten: auf die Erlaubnis der Ausländerbehörde. "Ich habe große Sorge, dass ich ihm Hoffnung gemacht habe. Wenn er jetzt die Ausbildung nicht machen kann, wäre das eine Katastrophe für ihn", sagt Burkhard.